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Einführung

Digitalisation und Onlinestellung der Rektorats- und Universitätsreden der Ludwig-Maximilians-Universität Landshut-München 1800–1968

Ein Gemeinschaftsprojekt des Universitätsarchivs, der Universitätsbibliothek, des Herzoglichen Georgianums und der Bayerischen Staatsbibliothek

2012–2015

 

Die Rektorats- und Universitätsreden sind mit Blick nach innen ein erstklassiges Abbild des universitären Lebens – das letztlich gesehen aus einer fortlaufenden Abfolge verschiedener Reden besteht –, mit Blick nach außen des universitären Selbstverständnisses. Alle, die Zeit zwischen der Napoleonischen Ära und den Umbrüchen von 1968 prägenden Phänomene finden darin einen Niederschlag. Generell waren und sind solche Reden konstitutiv für den universitären Alltag. Dies gilt auch für die Ludwig-Maximilians-Universität an ihren verschiedenen Standorten Ingolstadt (1472–1800), Landshut (1800–1826) und München (seit 1826). Bereits der Stiftungsbrief schrieb 1472 vor, dass der Rektor einmal in jedem Semester die Studentenschaft zusammenrufen und eine „Ermahnungs-Rede“ an sie richten soll. Anschließend sollte der Pedell die akademischen Gesetze verlesen. Am wichtigsten war die Rede des Wintersemesters, konkret am Festtag der Hl. Katharina (25. November), liegt hier doch der Ursprung der Rede bei Übernahme des Rektorats. Allerdings sollte sich im Lauf des 19. Jahrhunderts der Charakter einer „Ermahnungs-Rede“ wandeln hin zu Spezialvorträgen aus dem Fachgebiet des Referenten oder auch, worin der besondere Reiz liegt, hin zu programmatischen Verlautbarungen nach Vorliebe des Redners oder nach Anforderung der Zeit. Nicht nur das universitäre Publikum, auch die Honoratioren der Stadt nahmen diese Verlautbarungen begierig auf. Die alsbald erfolgte Drucklegung ermöglichte eine Rekapitulation getrennt vom actus publicus.

Ein nicht minder mächtiger Strang nahm 1830 seinen Anfang. Damals wurde beschlossen, künftig den Jahrestag der Universitätsstiftung (26. Juni 1472) festlich zu begehen. Die entsprechenden Feierlichkeiten gipfelten wiederum in einer Rede, bestehend einerseits aus einem vom jeweiligen Rektor selbstgewählten Gegenstand und andererseits aus einem Rückblick auf das abgelaufene Studienjahr (Wintersemester und Sommersemester) nach immer gleichem Schema. Neben den Reden anlässlich des Stiftungsfests pflegten humoristische Gedichte zu erscheinen.

Seit dem Studienjahr 1867/68 brachte die Universität München Jahreschroniken heraus, die mit teilweise großen Lücken bis zum Jahr 2000 erschienen sind. Die Annalen von Valentin Rotmar, Johann Nepomuk Mederer und Franz Michael Permaneder decken lückenlos den Zeitraum 1472–1826 ab. Aufgrund der Erfassung der Rektoratsreden und der in ihnen enthaltenen Rückblicke auf das abgelaufene Studienjahr (zunächst beim Stiftungsfest, später bei der Rektoratsübergabe) können nun zumindest die Berichtszeiträume 1829/30–1866/67 und 1948/49–1955/56 geschlossen werden.

Die Idee zur Abhaltung einer Feier in „Erinnerung an die Wiederaufrichtung des deutschen Reiches“ (18. Januar 1871) wurde nicht innerhalb der Professorenschaft der Ludovico Maximilianea geboren, sondern ging auf einen Vorschlag der verschiedenen Studentenverbindungen zurück. Der Senat lehnte es gleichzeitig entschieden ab, den Geburtstag des deutschen Kaisers zu feiern. Die erste Reichsgründungsfeier fand an der Universität München 1914 statt, die letzte 1938. Als Redner auf den Reichsgründungsfeiern traten Rektoren, aber auch andere Mitglieder des Lehrkörpers auf. Ab 1935 wurde die Feier zur Reichsgründung zusammen mit dem Gedächtnis an die Machtergreifung begangen und folglich auf den 30. Januar gelegt; zu diesem Zweck vereinigten sich alle Münchener Hochschulen.

Die Gedenkreden für die Opfer des Nationalsozialismus dienten der Universität München auch zur Aufarbeitung der eigenen Geschichte 1933–1945. Gedacht wurde darin des studentischen Widerstandskreises „Weiße Rose“, speziell der am 22. Februar 1943 hingerichteten Geschwister Hans und Sophie Scholl, und des militärischen Widerstandskreises um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, konkret des von ihm verübten missglückten Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944. Die erste Gedenkrede für die Mitglieder der „Weißen Rose“ hielt bereits am 4. November 1945 der Religionsphilosoph Romano Guardini unter dem Titel „Die Waage des Daseins“.

Schwer auf einen Nenner zu bringen sind die aus den verschiedensten Anlässen gehaltenen Gelegenheitsreden. Sie stammen in der Mehrheit von Mitgliedern des Lehrkörpers, nicht von Rektoren. Gedächtnisreden auf verstorbene Kollegen stehen neben Antrittsreden neuberufener Professoren, insbesondere während der universitätsgeschichtlich bedeutenden Jahre nach 1799 und nach 1826. Deutlicher als anderswo zeichnen sich hier die Umbrüche im Gefolge der Studentenunruhen von 1968 ab, die letztlich zur Einstellung der Rektorats- und Universitätsreden in der gewohnten Form führten.

Keine Berücksichtigung fanden solche Reden, für die das Universitätsgebäude nur den Veranstaltungsort abgab, die also nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Ludovico Maximilianea stehen, ebenso wenig die undatierten und kontextlosen Reden in den fünf „Sammelheften“ der Gesellschaft von Freunden und Förderern der Universität München (Münchener Universitätsgesellschaft) für ihre Mitglieder zwischen 1936 und 1941.

Der Aufbau der Bibliographie folgt den oben skizzierten Anlässen zum Halten von Reden. Innerhalb der Anlässe sind die Reden chronologisch angeordnet. Jeder Eintrag setzt sich zusammen aus: Vorname und Name des Redners, Titel der Rede, Ort mit Verlag und Jahr, Standort und Signatur – vorzugsweise von Universitätsarchiv und Universitätsbibliothek –,Datum der Rede. Bei Reden, die bereits als Digitalisate im gemeinsam von Universitätsarchiv und Universitätsbibliothek getragenen Portal „Ludovico Maximilianea“ vorhanden sind, wurde auf Angabe der Signatur verzichtet. Die eingetragenen Verlinkungen beziehen sich auf dieses Portal bzw. auf schon von der Bayerischen Staatsbibliothek erstellte Digitalisate.

Rektorats- und Universitätsreden hat es selbstverständlich schon während der Ingolstädter Epoche der Ludwig-Maximilians-Universität gegeben. Den Höhepunkt der Eröffnung der Universität bildete die humanistische Ansprache des herzoglichen Rates Martin Mair und das wohl stärkste Manifest des deutschen Humanismus war die von Konrad Celtes gegen 1492 vor der Juristischen Fakultät gehaltene Programmrede. Erinnert sei auch an den „Tomus primus orationum Ingolstadiensium“, den Valentin Rotmar 1571 im Vorfeld des Universitätsjubiläums von 1572 herausgab, und an die erkleckliche Zahl von Reden, die 1772 aus Anlass der 300-Jahr-Feier der Universität herauskamen. Außerdem sind für die Ingolstädter Epoche Gedächtnisreden zu Ehren der Hl. Katharina, der Patronin der Artistenfakultät, und zu Ehren des Hl. Ivo, des Patrons der Juristischen Fakultät, belegt sowie zu Ehren von Johann Egolf von Knoeringen, des Stifters der Universitätsbibliothek. Auf die besondere Entwicklung der Katharinen-Rede vereist Hermann Grauert: „Die Katharinen-Rede, mit welcher seit langem der neue Rektor sich vor der Oeffentlichkeit in der grossen Aula einführt, war ursprünglich beim Feste der philosophischen Fakultät, das ihrer Patronin, der heiligen Katharina von Alexandrien, geweiht war, vom Dekan der philosophischen Fakultät zu halten.“ Spezialuntersuchungen zur universitären Redekultur des 15. Jahrhunderts liegen vor für Leipzig und jetzt, unter besonderer Berücksichtigung humanistischer Strömungen, für Ingolstadt. Die lateinische Sprache war damals vorherrschend; sie hielt sich in einzelnen Fällen bis ins erste Viertel des 19. Jahrhunderts, um dann jedoch vollends von der deutschen Sprache abgelöst zu werden. Es wäre verlockend gewesen, auch die Ingolstädter Zeit in den Untersuchungszeitraum mithereinzunehmen. Aus arbeitstechnischen Gründen musste bis auf weiteres darauf verzichtet werden, so dass also der Schwerpunkt auf der Münchener Epoche mit Vorgriffen auf die Landshuter Zeit liegt.

Klassischerweise erschienen die Rektorats- und Universitätsreden in monographischer Form, gelegentlich auch in Sammelbänden oder Zeitungen. Auf den Stellenwert, den sie in der Öffentlichkeit genossen, weist die eingehende Berichterstattung in den Zeitungen hin. Die Nachfrage war in einzelnen Fällen so groß, dass mehrere Auflagen gedruckt werden mussten. Zur Weitergabe an andere Universitäten oder an Kollegen und Freunde wurden beim Buchbinder Prachtexemplare in Auftrag gegeben, auf denen das Wappen der Universität prangte. Das Gebot der Drucklegung pflegte meistens befolgt zu werden, in den Beständen des Universitätsarchiv lagern aber auch vereinzelt Manuskripte ungedruckter Reden, die selbstverständlich in der Bibliographie und bei der Digitalisierung Berücksichtigung finden.

Bei der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ist seit längerem ein Projekt angesiedelt zur bibliographischen Erfassung und Bereitstellung online der Rektoratsreden im 19. und 20. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum. Für die Schweiz konnte dieses Projekt bereits abgeschlossen werden, wohingegen für Österreich und Deutschland weitestgehend nur die bibliographische Erfassung vorliegt. Auf eine Anregung von Herrn Dr. Maximilian Schreiber, Bayerischen Staatsbibliothek, der selbst zur Thematik gearbeitet hat, griff das Universitätsarchiv ein eigenes älteres Projekt auf, allerdings unter verändertem Vorzeichen. Ursprünglich war vorgesehen eine Edition ausgewählter Rektoratsreden in Buchform, die sich durch die Prominenz des Redners, die Attraktivität des Themas oder die Bedeutung des Datums, an dem die Rede gehalten wurde, auszeichnen. Im digitalen Zeitalter und unter der Geltung von open access rückte das Universitätsarchiv von seiner diesbezüglichen, zwischenzeitlich als beschränkend empfundenen Planung ab: Um nicht ungebührlich zu verkürzen, wurde grundsätzlich der Fokus von Rektorats- auf Universitätsreden erweitert. Rektorats- und Universitätsreden wurden in möglichster Vollständigkeit bibliographisch erfasst, digitalisiert und online bereitgestellt, sowohl auf der Homepage des Universitätsarchivs als auch auf dem gemeinsam mit der Universitätsbibliothek und dem Herzoglichen Georgianum betriebenen Portal Ludovico-Maximilianea. Die Universität München war somit nach der Technischen Universität Darmstadt die erste Hochschule in Deutschland, die ihre Rektorats- und Universitätsreden – an der Zahl gegen 450 – auf diese Weise präsentierte. Die Präsentation wurde von einer wissenschaftlichen Tagung zum Typus und zur Geschichte von Rektorats- und Universitätsreden im allgemeinen und konkret an der Universität München begleitet und in einem entsprechenden Tagungsband dokumentiert. Das Universitätsarchiv, das für die Wahrung der geschichtlichen Belange der Universität München in der Hauptsache zuständig ist, leistete damit Grundlagenforschung für die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte und für die Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität, die 2022 ihre 550-Jahr-Feier begeht.

Weiterführende Links

Projekt der Historischen Kommission zu Rektoratsreden in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Projekt der Universität Bern zu Rektoratsreden in der Schweiz

Portal Ludovico-Maximilianea

Ansprechpartner beim Universitätsarchiv


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