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März 2010

Von der römischen Indexkongregation ausgestellte Erlaubnis für Georg Ratzinger, verbotene Bücher zu lesen, 1865

(Archiv des Herzoglichen Georgianums, II 270)

 

Das Stück des Monats März steht in engem Zusammenhang mit dem Tag der Archive am 6.3.

Georg Ratzinger erhielt im Mai 1865 von der römischen Indexkongregation die Erlaubnis zur Lektüre verbotener Bücher. Über 100 Jahre später sollte sein Großneffe Joseph Ratzinger selbst Präfekt der für Buchzensur mitzuständigen Glaubenskongregation sein.

 

Georg Ratzinger studierte seit 1864 an der Theologischen Fakultät der Universität München und lebte während dieser Zeit als Alumne im Herzoglichen Georgianum. Der Schwerpunkt seiner Studien lag bereits damals auf der Kirchengeschichte, in welchem Fach er auch promovierte („Geschichte der kirchlichen Armenpflege“, 1868). Viele bedeutende kirchenhistorische Werke standen jedoch auf dem Index der verbotenen Bücher und waren folglich in der Bibliothek des Georgianums im Fach „Acatholica“ eingeordnet. Es gab jedoch eine Möglichkeit, trotzdem diese Bücher lesen und für die wissenschaftliche Arbeit verwerten zu dürfen. Man mußte bei der Indexkongregation in Rom, die neben dem Heiligen Offizium für die Buchzensur zuständig war, um eine Dispens eingeben. Im Falle Georg Ratzingers wurde diese Dispens von der Direktion des Georgianums und dem Ordinariat des Erzbistums München und Freising bei der römischen Indexkongregation erwirkt. Das Originaldekret ging an Ratzinger, im Archiv des Georgianums blieb nur das Begleitschreiben des Ordinariats vom 19. Mai 1865 zurück:

 

„Die Direktion des georgianischen Collegiums dahier erhält in der Anlage die beiden erbetenen Dekrete für die Alumnen Anton Mayer u[nd]. Joseph [sic] Ratzinger mit dem Auftrage, daß die genannten Alumnen dem Direktor oder Subregens des Georgianums  jedesmal Kenntniß davon zu geben haben, ehe sie ein verbotenes Buch zu lesen beginnen, wovon die mehrgenannten Alumnen geeignet zu verständigen sind.“

 

AHG_II_270

 

Um Ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, wie solche Originaldekrete aussahen, haben wir in unseren Archivbeständen nach entsprechenden Dokumenten recherchiert und sind auch fündig geworden.

 

Die römische Inquisition unter dem Vorsitz einer Reihe von Kardinalbischöfen, darunter Robert Bellarmin S. J., ermächtigt den Bischof von Augsburg Heinrich von Knoeringen, häretische Bücher zu lesen. Aussteller: Die römische Inquisition unter dem Vorsitz einer Reihe von Kardinalbischöfen. Empfänger: Bischof von Augsburg Heinrich von Knoeringen. Geschehen Rom, 13. Kal. Mai (19. April) 1607 (Archiv des Herzoglichen Georgianums, I 63a).

 

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Prof. Dr. Hermann Grauert, langjähriger Ordinarius für Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität und Vorstand des Universitätsarchivs, bemühte sich ebenfalls um die Erlaubnis, häretische Bücher lesen zu dürfen. Sie wurde anstandslos am 13. September 1901 vom damaligen Präfekten der Indexkongregation Andreas Steinhuber erteilt, der sich aufgrund seiner Geschichte des Collegium Germanicum et Hungaricum als Fachkollege Grauerts verstand (Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität, Nachlaß Hermann Grauert, Schachtel 3, Akte Personalia).

 

Nachlass Grauert

 


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