Universitätsarchiv
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November 2010

Urkunde des Paul, Vogt von Arnbach, von 1368 Juli 27
(UAM, J-137)

Die an sich unscheinbare Signatur J-137 überrascht mit einer der ältesten erhaltenen Urkunden des Universitätsarchivs und damit einem der ältesten Stücke zur Vorgeschichte der LMU. Obwohl sich die Urkundenbestände des Archivs in der Regel in einer tadellosen chronologischen Reihung befinden, weist diese für den Zeitraum 1467–1471 einen eklatanten Fehler auf. Während die Urkunde mit der Signatur J-136 aus dem Jahr 1467 stammt, datiert die nach dem hier vorgestellten Stück nächst jüngere erhaltene Urkunde von 1471. Nach Jahrzehnt und Jahr wäre das Stück des Jahres ´68 demnach korrekt in die Lücke zwischen 1467 und 1471 eingeordnet, allein im Jahrhundert hat man sich bei der Sortierung der Urkundenbestände einst vertan. So lautet die Datierung der hier behandelten Urkunde unzweifelhaft:

Datum anno dei Millesimo CCC° Sexagesimo Ottavo
dez Pfincztages nach sand Jacobs tag

Nach der ältesten original erhaltenen Urkunde des Universitätsarchivs von 1346 (A-VII-2) und weiteren Stücken aus den Jahren 1353 (A-VI-1), 1358 (A-VII-3) und 1366 (A-VI-2), datiert die nun wohl fünft älteste Urkunde somit von Donnerstag nach Jakobi des Jahres 1368, also dem 27. Juli 1368.

Inhaltlich ist die präsentierte Urkunde recht übersichtlich:
Zum einen lokalisiert der genannte Gutsbesitz, der recht allgemein als „der Swal“ bezeichnet wird, grob den Lebensraum der Beteiligten im Gericht Neuburg an der Donau. Dabei dürfte der Begriff „Swal“ einen Überflutungsbereich (im Sinne von „Schwall“) – wohl der Donau – meinen, wofür auch das Zubehör wie Mähwiese, Fischgrund und Wörth spricht. Ein „Swal“ findet sich auch in jüngeren Urkunden des Universitätsarchivs, etwa in Stücken aus den Jahren 1449, 1459 und 1466. Ob es sich dabei um denselben „Swal“ handelt, lässt sich schwer feststellen.
Zum anderen gibt der Sitz des Vogtes von Arnbach (Oberarnbach, Gem. Berg im Gau, Lkr. Neuburg-Schrobenhausen) einen Anhaltspunkt, in welcher Gegend sich der Bauernhof, den Konrad bewirtschaftet, im möglicherweise abgegangenen Ort „Pfenach“ befunden haben könnte. Von Ingolstadt ist in der Urkunde nicht die Rede, der Vogt gibt lediglich seine Zustimmung zum Verkauf oder zur anderweitigen Veräußerung des Gutes „Swal“:

Ich Pauls der vogt von Aerenbach […] veriehen und tuen chunt Offenbar an dem brief Daz wir unserm swoger Chunrer dem pewr von Pfenach […] unsern guetleichen willen darzu geben haben […] daz si daz Gut daz gehaizzen ist der Swal daz wismaid daz vischwazzer und den werd […] in Newburger gericht verchauffen oder verchumbern mügen und süllen gen swem si wellent

Der Aussteller der Urkunde entstammt einer alten Ministerialenfamilie im Gericht Neuburg, die als Vögte von Arnbach spätestens seit dem frühen 13. Jahrhundert belegt sind. Anno 1244 treten sie etwa als Inhaber der Vogtei des Klosters Hohenwart in Erscheinung, bevor sich das Geschlecht vor dem Jahr 1297 in zwei Linien teilt. Nach der Teilung wird mit Alten-Arnbach die Veste Niederarnbach bezeichnet, während das Vogtamt bei der Linie Oberarnbach verbleibt. Für 1352 ist der auch in dieser Urkunde genannte Paul von Arnbach nachweisbar. Nachdem jedoch der ihm nahe stehende Ulrich, ebenfalls Vogt von Arnbach, im Jahr 1363 von der Partei Herzog Stephans II. zu Kaiser Karl IV. übergeht, wird die Veste Oberarnbach vom Bayernherzog erfolgreich belagert und schließlich zerstört. Spätestens da dürften für die Vögte von Arnbach schwere Zeiten angebrochen sein, denn schon 1379 tauchen sie zum letzten Mal in den Quellen auf. Die vorgestellte Urkunde dürfte somit eines der letzten Schlaglichter auf einen Vogt von Arnbach werfen, der das überlassene Gut „Swal“ bei seinem Verwandten in guten Händen weiß.

Dass die Falschdatierung des hier vorgestellten Stücks bislang offenbar keine Konsequenzen zeitigte, verwundert insofern als das Stück durchaus nicht unauffällig ist, denn sowohl die paläographischen Merkmale, als auch die Sprache und Schreibweise einzelner Wörter und das für das 15. Jahrhundert auffallend kleine Format von rund 14 x 25 cm – eines der größeren Urkundenpergamente des Universitätsarchivs von 1449 misst etwa 51 x 74 cm – hätten einem Bearbeiter der Urkunde durchaus ins Auge springen können.

Schriftbeispiel 1467   Schriftbeispiel1368
Schriftbeispiel 1467     Schriftbeispiel 1368
   (UAM-J-136)              (UAM-J-137)

Die Tatsache, dass ein Archivale um 100 Jahre fehlerhaft abgelegt wurde, ist für ein Archiv wenig schmeichelhaft. Gleichwohl ermöglichen derartige Missgeschicke auch heute noch überraschende Zufallsfunde und bescheren der Universität München somit einen kaum noch für möglich gehaltenen „Alt-Achtundsechziger“.

Literaturauswahl:

- Stefanie Hamann, Schrobenhausen (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Heft 42), München 1977, S. 72–79 sowie Abbildungen 4 und 5.
- Markus Nadler, Neuburg an der Donau, Das Landgericht Neuburg und die Pfleggerichte Burgheim und Reichertshofen (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben, Reihe 1, Heft 16), München 2004, S. 154–155.

AK


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