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Juli 2011

In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 1931 brannte der für München nicht nur als Bauwerk, sondern besonders in seiner Funktion als Ausstellungsort bedeutsame Glaspalast nieder. Mit zu Grunde gingen annähernd 3000 Kunstwerke, die zum damaligen Zeitpunkt gerade dort gezeigt wurden. Nicht weniger schlimm als dieser unwiederbringliche Verlust wog der durchweg deprimierende Ausblick: Wo sollte die Münchner Künstlerschaft zukünftig ausstellen und ihre Käufer finden? Schnell formierten sich aus dieser Not heraus Hilfsaktionen. Von einer von ihnen, exakt diesen Monat vor 80 Jahren, erzählt unser Stück des Monats.

Der hier im Fokus stehende Brief fand sich in einem Sammelakt über Kunstinstitute und Kunstsammlungen, der im Zuge der Recherchen zu einem LMU-Kunstinventar durchgesehen wurde. Zu einer Besonderheit macht ihn die eigenhändige Unterschrift seines Verfassers, des Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann. Am 22. Juni 1931 schrieb dieser an den Rektor der LMU (zum damaligen Zeitpunkt der Altphilologe Albert Rehm): „Der Unterzeichnete gestattet sich zwecks Abhaltung einer Vorlesung zugunsten der Glaspalasthilfe zu beantragen, dass ihm am Abend des 3. Juli das Auditorium Maximum überlassen werden möge.“ Eigenhändig gezeichnet: „In vorzüglicher Hochachtung Thomas Mann“.

Wenige Tage später bewilligte Rektor Rehm die Anfrage. Das Auditorium Maximum wurde Thomas Mann für den Abend des 3. Juli kostenlos zur Verfügung gestellt. Der französische Schriftsteller und spätere Literaturnobelpreisträger André Gide, Gast Manns in jenen Tagen, schrieb über die Veranstaltung in sein Tagebuch: „Mann hatte im großen Saal der Universität zwei Kapitel aus seinem (noch unvollendeten) Joseph gelesen, und ich war froh darüber, ihn gut verstanden zu haben (dank der sehr klaren und vibrierenden Sprechweise Manns) und bewundern zu können. Es scheint mir, daß Mann nichts Besseres geschrieben hat.“

Seine Roman-Tetralogie „Joseph und seine Brüder“, aus der Mann 1931 an der LMU las, vollendete er erst 1943 – im kalifornischen Exil. Deutschland war da kein Land freien Denkens mehr. Und anstatt der Wiedererrichtung des Glaspalastes, für die Mann sich eingesetzt hatte, hatten die Nationalsozialisten 1933 den Grundstein gesetzt für ein monumentales „Haus der Deutschen Kunst“ in faschistischer Formensprache.

Stahlstich des Münchner Glaspalastes
UAM Kustodie-E-0016
„Der Glas-Pallast (in München)“,
kolorierter Stahlstich des Bibliographischen Instituts Hildburghausen,
19. Jh.

MM

Literatur:

Heine, Gert / Schommer, Paul: Thomas Mann Chronik, Frankfurt am Main 2004, S. 227.

Gide, André: Gesammelte Werke, Band 3: Autobiographisches. Tagebuch 1923-1939, Stuttgart 1931, S. 392f.

Hütsch, Volker: Der Münchner Glaspalast 1854-1931. Geschichte und Bedeutung, München 1981.


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