Universitätsarchiv
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April 2013

Der AStA an der Ludwig-Maximilians-Universität

Der Begriff „AStA“ als Bezeichnung für die organisierte studentische Teilhabe am Universitätsleben ist heute nahezu jedem Studenten bekannt. Auch wenn der namensgebende „Allgemeine Studentenausschuss“ seit 1973 als abgeschafft gelten kann, so wird dessen Aufgabe, die Vertretung der studentischen Interessen durch die Studenten selbst, heute durch den studentischen Konvent wahrgenommen. Seit der Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg haben die studentischen Vertretungen auch im Universitätsarchiv ihre Spuren hinterlassen. Zwar sind hier aufgrund von organisatorischen und personellen Diskontinuitäten große Lücken zu beklagen, aber auch einige Schlaglichter auf die aktuellen Themen der jeweiligen Zeitabschnitte vorhanden.

Allgemeinstudentische Vertretungen entstanden in vielen deutschen Landen bereits um 1800 aus den Landsmannschaften und studentischen Corps. Auch im Zuge der Befreiungskriege und dem Kampf gegen die Restauration im 19. Jahrhundert stellten studentische Organisationen wie die Burschenschaftsbewegung immer wieder überregionale Netzwerke dar. Gesamtdeutsche Organisationen, wie der 1905 gegründete Verband Deutscher Hochschulen, in dem auch die drei bayerischen Hochschulen München, Würzburg und Erlangen vertreten waren, scheiterten allerdings stets an diversen Konflikten, zum Beispiel den Meinungsverschiedenheiten zwischen korporierten und nichtkorporierten Studenten.

Auch in der 1919 auf demokratischen Grundlagen geschaffenen „Deutschen Studentenschaft“, einer Vereinigung der Studentenschaften der deutschen, österreichischen und sudetendeutschen Hochschulen, kam es bald zu politischen Auseinandersetzungen. Dennoch wurden in Bayern 1922 die Studentenschaften als verfassungsmäßiges Glied der Hochschulen eingefügt. Ihre Aufgaben bestanden in der studentischen Selbstverwaltung und der sozialen Fürsorge für die Studierenden. Hierzu gehörten auch Verwaltungsangelegenheiten der Universität und die akademische Disziplin. Die Bereiche Parteipolitik und Glaubensbekenntnis waren allerdings explizit ausgeschlossen. Zur Finanzierung wurden Beiträge von den Studenten erhoben. Aus juristischen Gründen, die Studentenschaften besaßen keine eigene Rechtsfähigkeit, war jedoch insbesondere für die soziale Selbsthilfe die Gründung von Hilfswerken und Vereinen nötig aus denen später die auch heute noch tätigen Studentenwerke entstanden (vgl. Rohwedder, 2011).

Bereits früh gewannen völkische Organisationen wie der „Deutsche Hochschulring“ bei den Wahlen der Studentenschaften in Bayern die Oberhand (in Erlangen bereits 1923). 1931 übernahm der SS-Angehörige und Absolvent der Technischen Hochschule München Walter Lienau den Vorsitz in der „Deutschen Studentenschaft“. 1933 wurden die Studentenschaften gleichgeschaltet und unterstanden ab 1936 dem Reichstudentenführer Gustav Adolf Scheel. Die bisherige demokratische Konstituierung wurde durch das Führerprinzip ersetzt.

Die studentischen Organisationen waren somit nationalsozialistisch belastet und wurden nach Kriegsende verboten. Beim Neuaufbau des Universitätslebens wurde von Seitens der Alliierten eine demokratisch orientierte Einbeziehung der Studenten gewünscht. Eine Politisierung sollte vermieden werden. Auf sogenannten „Zonentagen“ organisierten sich die Studenten seit 1946 über die Grenzen der Besatzungszonen hinaus. Es entstand der „VDS“ (Verband Deutscher Studentenschaften) der sich 1949 von den sozialistisch geprägten Studentengruppen der SBZ abgrenzte. Der VDS wollte damit seine Stellung als parteipolitisch neutrale studentische Interessensvertretung untermauern. Hochschulreform, studentische Mitbestimmung und Unterstützung sozial und politisch benachteiligter Kommilitonen waren die Hauptaktionsfelder des VDS bis in die 1960er Jahre hinein. Dabei gilt die allgemeine Studienförderung nach dem „Honnefer Model“, aus der das heutige Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) hervorging, als „größter Erfolg des Vebandes Deutscher Studentenschaften“ (Rohwedder, 2011).

Gegen Ende der 1960er Jahre entwickelten die verschiedenen Studentenschaften zunehmend Interessen die über den regionalen hochschulpolitischen Rahmen hinausgingen. So wurden anstelle von politisch verfolgten Studenten in der DDR auch internationale Solidaritätsfonds und Seminare für Studentenvertreter z.B. aus Ländern wie Algerien und Angola organisiert. Vermehrt gewannen Vertreter linker Gruppierungen wie die des „Sozialistischen Deutschen Studentenbunds“ Mandate und Einfluss an den Universitäten und im VDS. Die Themen der Studentenunruhen (z.B.: Notstandsgesetze, Vietnamkrieg und Außerparlamentarische Opposition) kollidierten mit der Maxime der Beschränkung auf hochschulrelevante Themen. Hierüber zerstritten sich die Studentenschaften der Hochschulen im VDS. Es kam zu Beitragsboykotten, Austritten und Klagen. In München stimmten beispielsweise im Juli 1968 „59 % der Studierenden für einen Austritt aus dem inzwischen linksdominierten Verband Deutscher Studentenschaften. Ein halbes Jahr später wurde jedoch der bisherige, konservative AStA durch eine linke Mehrheit abgewählt“ (Rohwedder (2011) nach Hemler (1999)).

Vor diesem Hintergrund wurden die verfassten Studentenschaften, aufgehängt an der Ansicht, dass die Zwangsmitgliedschaft in der Studentenschaft nicht mehr zeitgemäß sei, mit dem Bayerischen Hochschulgesetz von 1973 abgeschafft. Heute werden die Studenten an den bayerischen Hochschulen durch den „Sprecher- und Sprecherinnenrat“ vertreten, der wiederum aus dem „Vertreter der Studierenden“ im Senat, dem „Fachschaftenrat“ sowie einer gleich großen Gruppe an Studierenden gebildet wird (für Details vgl. Art. 52 BayHSchG). Die Aufgaben dieses „studentischen Konvents“ sind:

  1. die Vertretung der fachlichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Studierenden der Hochschule,
  2. fakultätsübergreifende Fragen, die sich aus der Mitarbeit der Vertreter und Vertreterinnen der Studierenden in den Hochschulorganen ergeben,

  3. die Forderung der geistigen, musischen und sportlichen Interessen der Studierenden,

  4. die Pflege der Beziehungen zu deutschen und ausländischen Studierenden.
    (Art. 52 BayHSchG)

Um diese Aufgaben zu erfüllen, gliedern sich die studentischen Konvente der bayerischen Universitäten in Arbeitskreise und Projektgruppen deren Unterlagen (hier gezeigt: Materialsammlungen zu verschiedenen Themen), neben Sitzungsprotokollen und weiterem administrativen Schriftgut, teilweise Eingang in die Bestände des Universitätsarchivs gefunden haben.

Druckschrift Führerkult als Parteiprogramm

Druckschrift „Führerkult als Parteiprogramm. „Grüne Zukunft“ und „Humanistische Partei“: Lockvögel des siloistischen Okkultismus“, hrsg. v. der AG Sekten beim Allgemeinen StudentInnenauschschuß der Freien Universität Berlin 1990, entnommen der Materialsammlung Parteien BFB und Republikaner des Studentischen Konvents der LMU

Augenzeugenbericht über den Tod von Andrea Wolf in Kurdistan

Augenzeugenbericht über den Tod von Andrea Wolf in Kurdistan, hrsg. v. Kurdistan Informations-Zentrum 1998, entnommen der Materialsammlung des Studentischen Konvents der LMU zum Tod von Andrea Wolf, Mitglied der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans

Zeitungsausschnittssammlung

Zeitungsausschnittssammlung (Pressespiegel) zum VDS in den Jahren 1968–1969; umfangreiche Sammlung erstellt von „Welt im Ausschnitt“ einem Zeitungsausschnittbüro in München-Obermenzing aus den Materialsammlungen des Studentischen Konvents der LMU

MTZ

Literatur:

Immanuel Birnbaum, Die Entstehung der studentischen Selbstverwaltung in Deutschland 1918/19, in: Victor-Emanuel Preusker (Hrsg.), Festschrift für Hermann Wandersleb zur Vollendung des 75. Lebensjahres, Bonn 1970, S. 37–48.

Anselm Faust, Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund. Studenten und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik. 2 Bde., Düsseldorf 1973.

Anke te Heesen, Der Zeitungsausschnitt. Ein Papierobjekt der Moderne, Frankfurt am Main 2006.

Stefan Hemler, Von Kurt Faltlhauser zu Rolf Pohle. Die Entwicklung der studentischen Unruhe an der LMU München in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre, in: Venanz Schubert (Hrsg.), 1968. 30 Jahre danach, Sankt Ottilien 1999, S. 209–241.

Konrad H. Jarausch, Deutsche Studenten 1800–1970, Frankfurt a.M. 1984.


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