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Juni 2013

Entwurfszeichnung für den Altar der Katharinen-Kapelle in der Ingolstädter Hohen Schule, 1751
(Universitätsarchiv München, V-I-6a, Bd. 3)

Angaben über die Ausstattung der Ingolstädter Hohen Schule, einem Gebäude aus dem Spätmittelalter, das die Universität von 1472 bis 1800 beherbergte, liegen kaum vor. Dafür sind wir über die Einteilung und Nutzung der Räumlichkeiten vergleichsweise gut informiert. Die Hohe Schule beinhaltete ursprünglich das Alte Kolleg, also den Lehrkörper der Artistischen Fakultät, Hörsäle aller Fakultäten, die Bibliothek, das Archiv, den Karzer und – als Höhepunkt des Raumprogramms – die prachtvoll ausgestaltete Aula. Bilder dieses Saals finden sich in Form von zwei Miniaturen auf Pergament in der Matrikel von 1589. Im Erdgeschoß lag eine Kapelle zu Ehren der Heiligen Katharina, also der Schutzpatronin der Artistischen Fakultät. In der Kapelle wurden im Lauf der Zeit zwei Benefizien gestiftet. Eine erste Stiftung erfolgte 1456 durch Herzog Ludwig den Reichen. Damals war die Hohe Schule noch nicht Universitätsgebäude, sondern Pfründhaus, also eine Art Altersheim. Und damals lautete das Patrozinium der Kapelle noch auf den Heiligen Geist, wie bei Spitalstiftungen üblich. Der Inhaber des Benefiziums hatte keine seelsorgerlichen Pflichten, sondern musste nur die vom Stifter vorgeschriebenen Messen lesen. Das Benefizium war also ein Stipendium zur Aufbesserung des Gehalts Ingolstädter Universitätslehrer. Prominente Inhaber dieses Stipendiums waren der Theologieprofessor Georg Zingel (1428-1508), der Gegner des Humanisten Philomusus-Jakob Locher, und, noch bekannter als Zingel, jedoch ebenso streitlustig wie dieser, Johannes Eck (1486-1543), der theologische Hauptgegner von Martin Luther. 1516 stiftete der Medizinprofessor Johann Megersheimer (†1516) ein neues Benefizium in die Katharinen-Kapelle und bestimmte, daß das Präsentationsrecht der Artistenfakultät zustehen sollte; bei den späteren Präsentationen wirkte die aber ganze Universität mit.

Von der Katharinen-Kapelle in der Hohen Schule waren bisher nur Grundrisse bekannt sowie Außenansichten im Rahmen der „Topischen Geschichte der Universität Ingolstadt“ von Karl Emil Schafhäutl aus dem 19. Jahrhundert:

Grundriss          Aufriss Schafhäutl

Im Universitätsarchiv sind nun jedoch bei Verzeichnungsarbeiten des Bestandes V, betreffend die Universitätspfarreien, zwei Risse aus dem 18. Jahrhundert aufgetaucht, die einen noch besseren Eindruck von Architektur und Ausstattung der Kapelle vermitteln. Die Risse stehen in Zusammenhang mit Renovierungsarbeiten in der Kapelle, die am 2. August 1751 deren erneute Weihe notwendig machten. Wir wissen außerdem, dass der Altar in der Kapelle seit 1778 mit einem Ablass von Papst Pius VI. begabt war.

Grundriss Akte

Die räumlichen Verhältnisse in der Katharinen-Kapelle waren eher beschränkt. Gemeinde- und Altarraum wiesen in etwa die gleiche Größe auf. Beide Räume waren baulich voneinander getrennt, zu beiden Seiten eines Durchlasses befanden sich Fensternischen. Hinter dem Altar lagen die Sakristei und ein weiteres, nicht näher beschriebenes Zimmer.

Altarentwurf Akte

Die Blickführung in der Katharinen-Kapelle lief auf deren einzigen Altar zu, der – dem anonymen Entwurf nach zu schließen – ein Meisterwerk des entwickelten Rokoko gewesen sein muss. Die Namen der ausführenden Künstler sind nicht überliefert. Der Entwurf weist zwei Varianten auf, einmal zur linken aufwendiger mit einem Putto, dann zur rechten einfacher nur architektonisch. Wir wissen leider nicht, welche Variante ausgeführt wurde. Beiden Varianten gemein ist die sprühende, geradezu wuchernde Verwendung von Muschelwerk. Hier lebt der Geist der Rocaille in höchster Vollendung! Für den ausgesparten Mittelteil war wohl ein Altarbild mit der Heiligen Katharina vorgesehen, wohingegen der Auszug nur eine dekorative Kartusche aufwies.

Mit dem Umzug der Universität von Ingolstadt nach Landshut im Jahr 1800 wurde der Sakralraum geschlossen und profaniert. Er wie die Hohe Schule dienten fortan der Stadt Ingolstadt als Feuerwehrhaus. Die Risse des Münchener Universitätsarchivs stellen die einzige aussagekräftige bildliche Erinnerung an dieses untergegangene Gotteshaus dar.

CS

Literatur

KARL EMIL SCHAFHÄUTL, Topische Geschichte der Universität Ingolstadt, Faksimiledruck, Graz o. J.; auch online

ARNO SEIFERT, Statuten- und Verfassungsgeschichte der Universität Ingolstadt (1472–1586) (Ludovico Maximilianea Forschungen 1), Berlin 1971, 74, 87

ADOLF ZIEGLER, Die Nominations- und Präsentationsrechte der Universität München, München 1929, 109


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