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Januar 2014

Urkunde des Klosters Niederaltaich von 1497 Dezember 18
(Universitätsarchiv München, Urkunde J-179)

Seit dem 9. Jahrhundert war die älteste Kirche Ingolstadts mit dem Mauritiuskloster von Altach, dem heutigen Niederaltaich, verbunden, mit dem sie nach wie vor das Patrozinium des Soldatenheiligen der Thebäischen Legion gemein hat. Bereits anno 841 wurde dem 6. Abt von Altach das karolingische Kammergut Ingolstadt von König Ludwig dem Deutschen geschenkt und noch um das Jahr 1280 war die Ingolstädter Moritzkirche die einzige Kirche der oberbayerischen Donaustadt, die innerhalb der ersten Stadtumwallung lag. Vor inzwischen 490 Jahren wurde schließlich am 6. Januar 1524 durch eine Bulle von Papst Clemens VII. (s. Urk A 659 im Stadtarchiv Ingolstadt) die erste Ingolstädter Pfarrei St. Moritz der herzoglichen Universität inkorporiert. Bis dahin lag das Patronatsrecht für die Ingolstädter Moritzpfarrei bei der alten Benediktinerabtei nahe der Isarmündung, danach kam dem jeweiligen bayerischen Landesherrn das Nominationsrecht für St. Moritz zu, während das Präsentationsrecht auch nach 1524 bei den geistlichen Patronen von Niederaltaich verblieb. Im Zuge dieser Eingliederung der Moritzpfarrei in die Universität sind mehrere Rechtsdokumente der ältesten Pfarrei Ingolstadts in das Archiv der Hohen Schule übergegangen, so auch unser Stück des Monats von 1497.

Urkunde

Urkunde J-179 des Abtes Johann von Niederaltaich, 1497 Dezember 18

In unserer Urkunde aus dem Jahr 1497 nun wird über den Entscheid in einem Streit zwischen dem niederbayerischen Niederaltaich und der Ingolstädter Moritzkirche einerseits und dem oberbayerischen Geisenfeld andererseits berichtet. Nachdem es bereits 1441 Zehntstreitigkeiten zwischen Niederaltaich und Geisenfeld gegeben hatte, muss es spätestens 1496 wieder zwischen der Ingolstädter Moritzkirche und den Geisenfelder Benediktinernonnen zu Differenzen um die Einkünfte eines Groß- und Kleinzehnten gekommen sein. Geschlichtet wurde der innerkirchliche Disput daraufhin durch das Mitglied der päpstlichen Kanzlei Antonius Flores. Dieser war seit 1494 Richter der Römischen Rota (Auditor Rote) und seit 1496 Bischof des süditalienischen Bistums Castellammare di Stabia (Castellimaris). Einige Jahre später sollte er noch zum Erzbischof von Avignon aufsteigen. Nachdem Antonius Flores sodann im Streit zwischen den zwei bayerischen Klöstern zugunsten der beiden Mauritiuskirchen entschieden hatte, stellten kurz vor Weihnachten des Jahres 1497 Abt Johann III. Simmerl, Prior Kilian und die Mönche von Niederaltaich (allthe inferioris) ihrer Ingolstädter Patronatskirche eine Urkunde aus, in der das Urteil des päpstlichen Kanzlisten zu ihren Gunsten dokumentiert wurde. In der Pergamenturkunde wird erwähnt, dass die Entscheidung des Richters mit Zustimmung des Eichstätter Bischofs, der für die Ingolstädter Pfarrei das Ordinationsrecht besaß, und in Gegenwart des niederbayerischen Landesherrn gefällt wurde. Die strittigen Zehnteinkünfte dürften den Mauritiuskirchen daraufhin für die nächsten Jahre sicher gewesen sein; die Nonnen von Geisenfeld aber gingen auch nicht gänzlich leer aus: ihnen wurde immerhin ein jährlicher Scheffel Getreide zugestanden, der sich aus jeweils einem Viertel Weizen, Winterweizen, Gerste und Hafer zusammensetzte.

Unser Stück des Monats äußert sich leider nicht eingehender zu dem strittigen Zehnt. Deshalb soll an dieser Stelle noch kurz auf den praktischen Nutzen von digitalisierten und online recherchierbaren Urkundenfonds hingewiesen werden: im Bayerischen Hauptstaatsarchiv ist ein bischöflich-eichstättisches Notariatsinstrument aus dem Urkundenbestand Niederaltaichs überliefert, das weitere Informationen zu unserem Rechtsstreit zwischen den beiden benediktinischen Klöstern enthält; so erfahren wir aus dem Eichsätter Notariatsinstrument nicht nur, dass sich das Kloster Niederaltaich vor Gericht von Magister Johannes Huff, das Kloster Geisenfeld von Magister Cristofferus Wust vertreten ließ; es wird durch die ergänzende Überlieferung auch die Position der betreffenden Äcker lokalisierbar: mit der Aufstellung von 6 Grenzsteinen im August 1496 sollten die Zehntäcker der Moritzkirchen bei Ingolstadt endgültig von den alten Besitzungen des Geisenfelder Nonnenklosters in der Gegend von Gaimersheim separiert werden. Es heißt hierzu in dem ansonsten in Latein gehaltenen Notariatsinstrument am Ende auf Deutsch:

Vermerckt die Stain so man gesetzt hat zwischen dem Gotshawß Nidernaltach unnd der Pfarr Zw Inngolstat ains tails und auch deß Gotshawß Geisenfelt anders tails am Freitag nach Bartholomei Tausent Vierhundert und in dem Sechsundnewnzigistem Jar. Der Erst Stain Ist gesetzt an dem Grasing wege vom Sawmhoff hin uber gein Gaymersham wertz neben der diebstroß Der Annder auch gegen Gaymersham genant am Roßkopff. Der Dritt nach der haid ab als das Inngolsteter Pirckach gestanden Ist als In dem alten vertrag begriffen Ist. Der vierd auch nach der haid ab, Der funfft bey dem Ödenhoff bey der Lanndstroß, Unnd der Sechst am Ort genant Im Sack

abb2

Beschreibung der Grenzsteine zwischen Ingolstädter und Geisenfelder Äckern, BayHStA KU Niederaltaich Nr. 2532

Bedauerlicherweise ist an unserer Urkunde kein Niederaltaicher Siegel erhalten. Eine derartige spätgotische Kleinplastik hätte man beispielsweise mit dem prachtvollen Goldschmiedeeinband des Niederaltaicher Evangeliars vergleichen können, der heute in der Bayerischen Staatsbibliothek (Clm 9476) aufbewahrt wird und ebenfalls dem Abbatiat von Johann III. Simmerl (1491–1503) entstammt.

Anno 1524 wurde die damals noch junge Universität durch die Inkorporation der Moritzpfarrei - zumindest teilweise - zum Rechtsnachfolger der alt-ehrwürdigen Abtei Niederaltaich. Aus der Aktenüberlieferung des Universitätsarchivs wissen wir, dass unsere Universität auch an anderen Orten noch lange Zeit ihre Kirchenpatronate behaupten konnte und erst um das Jahr 1977 auf ihre vielen Nominations- bzw. Präsentationsrechte (z.B. in Abensberg und Ergolding) verzichtete.

AK

Literatur:

- Siegfried Hofmann, Geschichte der Stadt Ingolstadt, von den Anfängen bis 1505, Ingolstadt 2000, insbesondere S. 351 – 352.

- Siegfried Hofmann, Geschichte der Stadt Ingolstadt, 1506 – 1600, Ingolstadt 2006, insbesondere S. 421 – 426, 437 – 440.

- Adolf Ziegler, Die Nominations- und Präsentationsrechte der Universität München, München 1929.

- Peter Landau, "Patronat", in: Theologische Realenzyklopädie. Band XXVI, Berlin/New York 1996, S. 106 – 114.

- Georg Stadtmüller, Bonifaz Pfister OSB, Geschichte der Abtei Niederaltaich, überarbeitet von P. Ratmund Kulman OSB und P. Johannes Hauck OSB, mit einem Nachwort von P. Augustinus Weber OSB, [Erscheinungsort] 32012.

- Thomas Frenz, Die Kanzlei der Päpste der Hochrenaissance 1471 – 1527, Tübingen 1986, insbesondere S. 286, Nr. 203.

- Juliane Trede, Evangeliar aus Niederaltaich, in: Pracht auf Pergament, Schätze der Buchmalerei von 780 bis 1180, herausgegeben von Claudia Fabian und Christiane Lange, München 2012, S. 226 – 229.


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