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Dezember 2015

Ulrich Burchardi, „Zedel meiner bekentnuß“, 1529

(AHG, II 308)

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Das Reformationsjubiläum 2017 und die 525-Jahr-Feier des Herzoglichen Georgianums 2019 werfen ihre Schatten voraus. Um einen Synergieeffekt zu erzielen, beschloss das Universitätsarchiv, ein beide Jubiläen verbindendes repräsentatives Thema zu bearbeiten. Gewählt wurde die Personalgeschichte des Georgianums im 16. Jahrhundert mit einem besonderen Schwerpunkt auf den Beziehungen Johann Ecks zum Georgianum. Johann Eck (1486–1543) war der bedeutendste Kopf der Ingolstädter Theologischen Fakultät und neben Johann Cochläus (1479–1552) der wichtigste Gegner Martin Luthers (1483–1546) im Lager der Altgläubigen. Eck und seine große Verwandtschaft pflegten einen intensiven Kontakt mit dem Georgianum, was sich beispielsweise in der Stiftung verschiedener Familienstipendien niederschlug, deren primärer Zweck es war, diesem Kreis weitere gelehrte Theologen zuzuführen. Im Zuge dieser Recherchen tauchte eine bislang wenig beachtete Akte mit eigenhändigen Konzepten Ecks zu verschiedenen Fakultäts- und Georgianums- Angelegenheiten auf, die beispielsweise den nachfolgend geschilderten Zensurfall enthält.

1527 hatte die Fakultät über das Buch eines Klerikers der Bamberger Diözese zu befinden. Ulrich Burchardi, der in Leipzig Theologie studiert hatte und daher der Ingolstädter Fakultät nicht bekannt war, hatte 1523 einen „Dialogismus de fide Christiana“ verfasst. 1527 ließ er das Buch seinem Bischof, Weigand von Bamberg, überreichen. Der Ordinarius ließ nun die Schrift auf ihre Rechtgläubigkeit prüfen. Dabei wurden häretische Sätze festgestellt. Das veranlasste den Bischof, sich an die Fakultät zu wenden und das Buch erneut prüfen zu lassen. Zu diesem Zweck wurden neben einem Exemplar eigens von den bischöflichen Prüfern aufgestellte Artikel und die Antworten Burchardis dazu nach Ingolstadt übersandt, um auf diese Weise die Gesinnung des Klerikers besser deutlich werden zu lassen. Die Fakultät unterzog das Buch einer genauen Prüfung und setzte sieben Artikel auf, die sie für unkatholisch hielt. Darunter war auch die Ansicht, der Glaube allein rechtfertige. Dieser Irrtum, also Luthers „sola fide“, sei – so die Fakultät – schon zu Zeiten Augustins gelehrt worden. Erst nach mehreren Beratungen sprach die Fakultät ihr Urteil: Das Buch ist öffentlich zu verbrennen, der Verfasser zu öffentlichem Wiederruf zu zwingen. Am 6. März 1527 war die Zensur der Fakultät ergangen. Trotz mehrerer Bittgesuche von Seiten des Bamberger Weihbischofs zugunsten von Burchardi saß er zwei Jahre später noch im Kerker. Einen Wiederruf, den er nach Ingolstadt sandte, beurteilten die Theologen nicht als genügend. Dies dürfte auch der Grund für seine lange Kerkerhaft gewesen sein. Am 6. April 1529 setzte sich die Fakultät dann doch noch für ihn ein, indem sie dem Bamberger Bischof einen verbesserten Widerruf zusandte und ihm nahelegte, den Priester nach Verbesserung seines Widerrufs wieder in den alten Stand zurückzuversetzen. Alles Weitere überließ sie dem Ordinarius. Erst am 12. Februar 1530 erreichte Burchardi seine Entlassung, nachdem er zuvor geschworen hatte, künftig als „frommer“ Priester zu leben. Da er nicht in der Diözese Bamberg bleiben durfte, begab er sich wieder nach Leipzig. Dort wurde Ulrich Burchardi am 10. Oktober 1531 Lizentiat der Theologie – das letzte für ihn verbürgte Lebenszeichen.

Der verbesserte Widerruf wurde wie alle anderen Schriftstücke in dieser Angelegenheit von Johann Eck eigenhändig konzipiert und hat folgenden Wortlaut: „Ich, Maister Ulrich Burckard, priester Bamberger bisthumß, bekenn hie mit offenbar vor menigklich, das ich in dem Jar Christi als man zalt M.D.XXIII hab gemacht ain büchlein ,Dialogismum‘ genant, von dem glauben, und dasselbig hab ich durch den truck lassen zu teutsch und latein außgeen und in die welt gebrait: Darinn dan ich auß unverstand der hailigen Schrifft, und unbehutsame und unwissenhait vil ergerlicher spruch und wort gebraucht und gesetzt hab, die sich vergleichen ainß tailß, ains tailß mit außgetruckten worten in ihrr verfassen die alt verdampt ketzerey, das der glaub allein den menschen rechtfertige, auch der ketzerey, das der glaub nit möchte sein on die liebe, welche erste verfüerische leer, auch neulich fir ketzerisch ist verdampt worden, und unchristenlich erkennt durch den heiligen vatter den Bapst Leo des namens den zehenden, seliger [und hochlöblicher] gedächtnuß, wider den vatter aller irsal und ketzerey Martinum Lutter, darum ich dan billich mich lauter und häll solt erklärt haben, dar mit mein nächster Christen mensch nit wär von mir geergert worden, als wär ich auch der ketzerischen mainung: deß halb dan ich von dem hochwürdigen fürsten und herren, her Wigand Bischove zu Bamberg meinem gnedigen herren bib gefängklich an genommen worden, und durch seiner f.g. verordneten, bespracht und underricht wordenn meiner grosser gegebner ergernuß und jrsalß, die ich laider mit obgemelten büchlin gemacht hab. Und sonderlich hat sein f.g. mir lassen fir halten ein urtail und verwerffung meineß büchlinß, durch die hochgelerten doctores der facultat der Theologey zu Ingolstat gemacht: das ich genugsamlich yetz underwisen bin, das ich un recht, ergerlich, jrrig und verfierisch geschriben hab: das halb ich mit hertzen und mit mund begeer wider versönt werden mit der hailigen Christenlichen Römischen Kirchen: Wie dan obgenanter mein vil gnediger herr, auß fürstlichem gmüet und angeborner tugend und barmhertzigkait mich gnedigklich zu widerrueffen zu gelassen hat, und in gnaden auff genommen: Wie ich dan yetz das selbig auß freyem willen thun will. Und thu hie mit. Erstlich so erkenn ich, halt und glaub den gmainen christlichen apostolischen glauben, verdamm und verfliech alle ketzerey, und besonderlich die lutrisch, von deren ich verdarft bin gwesen, unnd sonderlich die siben proposition, so auß meinem ,Dialogo‘ gezogen, die lautend wie her nach volgt.

Dise obgemelten artickel bekenn ich sonderlich jrrig, falsch, verfierisch und ergerlich zu sein, und aber yetz halt ich und glaub mit der hailigen Romischen und apostolischen Kirchen, und bekenn mit hertz und mit mundt, das ich von denen artikeln glaub und halt, wie die hailig Römisch und apostolisch Kirch halt, glaubt, und zu glauben leret. Namlich das der glaub mög sein on die liebe gottes, das auch der glaub allein nit rechtfertige den sünder: Sonnder dar zu auch gehort die gotliche lieb und hoffnung und gute werck: Hierauff schwer ich und verhaiß dem hochwürdigen fürsten und herren, herr Wiganden Bischove der hailigen und gefreiten kirchen zu Bamberg, und durch in den hailigen aposteln S. Peter und S. Pauls, auch dem lieben hailigen Sanct Heinrich und sanct Kunegund, bemelter kirchen patronen, daß ich in vermelt ketzerey durch kainerlay rat oder einfierung fir hin kommen will: sonnder all mein lebtag will ich bleiben jn ainigkait gmainer christlichen kirchen und gmainsame unnsers hailigsten vatters ains Römischen bapst, der ye zu zeiten sein wird. Und das sag ich bey meinem aid bey dem almechtigen lebendigen gott, und die vier hailig Euangelia, die ich da hab in meiner hand, das ich bey gmainer christlichen kirchen und gemainsame der Römischen kirchen bleiben will: und darauff sprich ich und erkenn alle die, die wider den glauben kommen und haltenm das sy den ewigen bann und fluch verschuldt haben. Ob aber ich iber kurtz oder lang (dar vor mich der ewig GOT durch sein barmhertzigkait behieten wöll) von diesem glauben, von ainigkait der Römischen christlichen kirchen wurde absündern und weichen. Etwas wider obgenant mein bekantnuß, glauben, halten, leren oder schreiben, So söll ich ein mainaidiger, wie ain verdampter wider gefallner ketzer, nach außweisung der recht gestrafft werden, und mein tayl mit den anfengnern der ketzerei haben zu jhener welt.

Disen zedel meiner bekantnuß, meines glaubens und maines aids, die ich mit meiner hand geschriben hab unnd underschriben, Gib ich euch, N. des Bischofflichen Consistory zu Bamberg geschwornen notari jnn gegenwurtigkait diser priester und layen hie entgegen und gebetten hab.“

 

CS

 

Literatur

Ulrich Burchardi, Dialogismvs De Fide Christiana. In quo illud Propheticu[m] & Apostolicu[m], sola scilicet fide constare iustificatione[m], perspicitur, Qualiter quoq[ue] fides eadem acquiratur, Ac demum fidem habens, a non habente discernatur, [Nürnberg], 1523

Vinzenz Pfnür (Hg.), Johannes Eck (1486–1543). Briefwechsel. Internet-Edition in vorläufigem Bearbeitungsstand

Ulrich Schmidt, Ulrich Burchardi. Ein Gedenkblatt zur Reformation in der Diözese Bamberg, in: Heinrich M. Gietl – Georg Pfeilschifter (Hg.), Festgabe Alois Knöpfler zur Vollendung des 70. Lebensjahres, Freiburg i. B. 1917, 297–316

Werner Zeißner, Altkirchliche Kräfte in Bamberg unter Bischof Weigand von Redwitz (1522–1556) (Historischer Verein für die Pflege der Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg. Beiheft 6), Bamberg 1975, 116–124, 291–294


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