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Juni 2015

UAM, Kustodie-B (Siegel-Sammlung)

Jedes Jahr im Juni erinnert sich die LMU mit dem „Stiftungsfest“ an ihre Geburtsstunde: Die Eröffnung der Hohen Schule zu Ingolstadt im Jahre 1472. Mit unserem Stück des Monats Juni wollen wir ebenfalls den Blick auf die LMU als erste und damit älteste bayerische Landesuniversität lenken und daran erinnern, daß unsere „Universität München“ nun bereits seit 543 Jahren besteht, begründet in der Herzogstadt Ingolstadt.

Wir zeigen Ihnen deshalb in diesem Monat eines der ältesten überlieferten Siegel unserer Universität: Es ist das sog. Kanzlersiegel; dessen überliefertes Typar datiert ins 16. Jahrhundert. Der Kanzler der Universität zu Ingolstadt (nicht zu verwechseln mit dem leitenden Verwaltungsbeamten unserer heutigen Universitäten) war übrigens der Bischof von Eichstätt (daher auch der Bischofsstab im Siegelbild), dem die Aufsicht über das Promotionswesen der Hohen Schule oblag. Neben dem Kanzler führten auch der Rektor für die Gesamt-Korporation sowie die Fakultäten jeweils eigene Siegel. Diese dienten zuvorderst der Abwicklung der Dienstgeschäfte, jedoch war die „Siegelfähigkeit“ der bezeichneten Institutionen von durchaus weiter reichender Bedeutung:

„Den meisten deutschen Universitäten sind ihre Siegel aus landesherrlicher Machtvollkommenheit als Zeichen fürstlicher Huld und Gnade verliehen worden“ (Muther). Das gilt eben auch für die erste bayerische Landesuniversität Ingolstadt, in deren Stiftungsprivileg von 1472 Herzog Ludwig seiner Universität und auch den vier Fakultäten jeweils das Recht zur Führung eigener Siegel zuerkennt. Siegel waren also auch Hoheits- und Herrschaftszeichen.

Eben diese verlor übrigens die bayerische Landesuniversität kurzzeitig in der Landshuter Epoche: im Zuge der Umgestaltung der Universität im Sinne des französischen Spezialschulwesens unter Graf Montgelas waren die Siegel der Universität zersägt, im Zuge der Rückgewinnung korporativer Autonomierechte aber wiederhergestellt worden. Die reparierten Feilenkerben sind z.T. heute noch an einigen der überlieferten Typare erkennbar.

Das Siegelbild der Universität Ingolstadt ist bereits im Stifterbrief festgelegt: Die Madonna mit dem Kind unter einem gotischen Baldachin findet sich auch auf dem „Stifterblatt“ im ältesten Matrikelbuch der Universität von 1472. Außerdem hat es sich bis in die jüngere Vergangenheit als Siegelbild der Ludwig-Maximilians-Universität in München erhalten. Die Theologische Fakultät hatte sich für ihr Siegelbild einen segnenden Christus gewählt. Im juristischen Siegel findet sich dagegen wieder die Madonna im Zentrum; die Petrusschlüssel und der doppelköpfige (Reichs-)adler an den Seiten symbolisieren das geistliche wie weltliche Recht. Im Siegel der Artistenfakultät ist die Fakultätspatronin, die hl. Katharina, zu erkennen.

Aufbewahrung und Gebrauch der Siegel und Sekrete waren im Statut der Universität streng geregelt. Sie wurden meist zusammen mit Geld und Privilegien in einer „archa“, einer Holzkiste, verschlossen aufbewahrt. Um Missbrauch zu verhindern, bedurfte es zum Öffnen der Kiste mindestens zweier Personen. Die Übergabe der Siegel an den nachfolgenden Universitätsrektor bzw. Fakultätsdekan fand jeweils zusammen mit der Übergabe der übrigen Insignien und der Geldkassette statt und manifestierte faktisch wie rechtlich die Übergabe des Amtes. Auch hierin ist der Stellenwert der Siegel als zentrale Universitätsinsignie erkennbar.

Und vielleicht bemerken Sie auch – wenn Sie auf einen Briefkopf der LMU oder auf die Header der Internetseiten schauen – daß das alte Siegelbild sich nach über 500 Jahren auch hier (wieder) finden läßt.

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Das Siegelbild des Kanzlersiegels, entnommen der Siegeltafel in Band 3 der Annalen von Mederer.

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Siegel des Universitätskanzlers aus dem 16. Jahrhundert; Typar aus Bronze, 6,2 cm Ø; Maria mit dem Kinde unter gotischem Baldachin, rechts der Bischofsstab, links die bayerischen Rauten. Spruchband: SIGILLUM CANCELLARIATUS UNIVERSITATIS INGELSTET[E]NSIS.

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Eine Schatulle aus dem 19. Jahrhundert, in der auch heute noch im Universitätsarchiv die ältesten Universitätssiegel bewahrt werden.

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Die Typare des Großen Siegels der Artistenfakultät (9), das Große Siegel (10) und das Kleine Siegel (11) der Mediziner

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Durch Feilenschläge zerstörtes Siegel der Theologischen Fakultät aus der Landshuter Epoche.

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Ein Tableau der Siegelsammlung des UAM mit Siegel-Typaren aus dem 19. Jahrhundert

WS

Literaturhinweis:

Johann Nepomuk Mederer: Annales Ingolstadiensis Academiae…, Teil I-IV. Ingolstadt 1782.

Theodor Muther: Aus dem Universitäts- und Gelehrtenleben im Zeitalter der Reformation. Erlangen 1866

Carl Prantl: Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, Landshut, München: zur Festfeier ihres vierhundertjährigen Bestehens. 2 Bde. München 1872

Kai Wede: Die Siegel der bayerischen Landesuniversitäten. Mammendorf 1996


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