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März 2017

Johann Eck und seine Verwandten

Simon Thaddäus Eck an Theologische Fakultät der Universität Ingolstadt, München, 1.9.1564

Archiv des Herzoglichen Georgianums, II 354/1

 

Johann Maier, nach seinem Geburtsort Egg an der Günz auch genannt Johann Eck (1486–1543), wirkte seit 1510 an der Universität Ingolstadt als Theologieprofessor und entfaltete nicht zuletzt als der wichtigste theologische Hauptgegner Martin Luthers in deutschen Landen eine weit über Ingolstadt hinausgehende Wirksamkeit, die im Reformationsjahr 2017, wie erwartet werden darf, eine eingehende Würdigung finden wird. Wie wichtig für mittellose, aber begabte Kinder die Förderung durch Verwandte war, hatte Johann Eck am eigenen Leib erfahren: nur der Unterstützung durch den Onkel Martin Maier, Pfarrer in Rottenburg am Neckar, war es zu verdanken, dass der Knabe eine Reihe von Universitäten besuchen konnte, welcher Besuch abgebrochen werden musste, wenn die Gunst des Onkels versiegte, welches Schicksal dem Jungen tatsächlich widerfuhr. In der frühen Neuzeit galt Verwandtenförderung geradezu als Pflicht, und Eck erfüllte diese Pflicht geradezu systematisch. Sein Clan speiste sich durch Ressourcen, wie sie sich in der Familie selbst darboten, aber auch – offensichtlich bedingt durch Mangel an Talenten eigenen Bluts – durch Adoption. Auf die Studienförderung folgte die Versorgung mit kirchlichen Pfründen, die Eck, da er hervorragende Kontakte insbesondere zum Papsthof unterhielt, besonders leicht fiel: Wohl nicht nur einmal hat er Pfründeninhaber als Reformationsanhänger in Rom denunziert, um sie von ihren Plätzen zu verdrängen und eigene Nepoten auf diese zu setzen. Unter den Begünstigten sind zu nennen der Stiefbruder Simon Thaddäus Eck, der als nachmaliger bayerischer Kanzler die gegenreformatorische Linie seines Halbbruders fortführte, der Ingolstädter Professor Johann Salicet-Eck, die Sprösslinge der Familien Harrer, Knab und Wagner, die in der Geschichte Bayerns während der nachfolgenden Jahrhunderte als Harrereck, Knabeck und Wagnereck eine gewisse Rolle spielen sollten, aber heute ohne Vorwissen kaum als Angehörige des Eck-Clans identifiziert werden können, und der Neffe Johann Schaupp, um den es in diesem Stück des Monats gehen soll. Die Verwandten des Johann Eck anerkannten wiederum das Gesetz des Nepotismus und taten das ihnen Mögliche zur dessen Umsetzung. Da es sich bei dieser zweiten Generation um arrivierte Persönlichkeiten handelte, die in ihrer Jugend nicht den Unabwägbarkeiten ausgesetzt waren, mit denen Johann Eck zu kämpfen hatte, betrieben sie ihre Patronage im institutionellen, einen breiten finanziellen Grundstock voraussetzenden Rahmen von Stipendienstiftungen, die sie im Herzoglichen Georgianum errichteten, so der Fall beim Münchener Kanzler Simon Thaddäus Eck und beim Propst von Vilshofen Michael Harrer. Bei diesen Stipendien handelte es sich um so genannte Familienstipendien, in deren Genuss ausschließlich Blutsverwandte kamen. Nicht mit dem Haus Eck verwandte Studenten kamen nur in Betracht, wenn darin keine geeigneten Kandidaten vorhanden waren. Ihren Zweck, also die Etablierung einer von der Familie Eck gespeisten Theologenschule streng gegenreformatorischer Richtung erfüllten diese Stipendienstiftungen bis ins späte 18. Jahrhundert hinein, als sie wegen der zunehmenden Geldentwertung mit anderen Stiftungen fusioniert werden mussten. Das Herzogliche Georgianum, dem insbesondere im 16. Jahrhundert zahlreiche solcher Stipendien zukamen, spielt also in der Kirchengeschichte Bayerns auch während des Konfessionellen Zeitalters eine bedeutende Rolle.

Johann Ecks Neffe Johann Schaupp scheint zu den am meisten versprechenden Köpfen in diesem Kreis gehört zu haben, und zwar nicht in Hinblick auf antilutherische Schriftstellerei, sondern allein aufgrund seines weit ausgreifenden, in den Matrikeln dokumentierten, philosophisch-theologisch-juristischen Studiengangs: 1542 Universität Leipzig, 1543 und wieder 1553 Universität Heidelberg, 1549 Universität Ingolstadt, 1550 Universität Erfurt, 1553 Universität Köln, 1556 und wieder 1559 Universität Löwen. Ende des Sommersemesters 1564 präsentierte sich der Theologischen Fakultät der Universität Ingolstadt der Generalvikar des Bischofs von Passau „Johannes Schauppius Eckhianus, Theologiae Baccalaureus Louaniensis formatus et Magister artium Parisiensis“, der also zehn Jahre an der Sorbonne und in Löwen Philosophie und Theologie studiert und absolviert hatte. Den Paris-Aufenthalt hatte Johann Eck noch in seinen letzten Lebensjahren eingefädelt und finanziert (allerdings lässt sich dieser aktenmäßig nicht eindeutig festmachen). Um Domherr in Passau werden zu können – dieses Ziel verfolgte Johann Schaupp als letztes Karriereziel – fehlte ihm als nichtadelig der theologische Doktorgrad, den ihm die Ingolstädter Fakultät in einer Art Einverfahren verleihen sollte. Es lagen der gelehrten Korporation nämlich vor die drängenden Empfehlungen des Passauer Bischofs Urban von Trennbach (28.8.1564) und des Münchener Kanzlers Simon Thaddäus Eck (1.9.1564), letztere sogar eigenhändig, deren Gunst die Fakultät auf keinen Fall verlieren durfte. In diesem Zusammenhang war die Hervorhebung der Verdienste und des Namens von Schaupps Vorfahren und „Freund“ (also Verwandten) Eck nachgerade überflüssig. Die Theologische Fakultät promovierte den Nepoten daraufhin pflichtschuldig am 4.9.1564 zum Lizentiaten und kurz darauf zum Doktor der Theologie. Lang konnte sich Johann Schaupp seiner neuen Würde allerdings nicht erfreuen: Er starb im April 1565, und zwar ohne das Passauer Domkanonikat erlangt zu haben (er verblieb auf der Stufe eines Stiftskanonikers bei Neumünster in Würzburg).

CS

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Literatur

THEODOR WIEDEMANN, Dr. Johann Eck, Professor der Theologie an der Universität Ingolstadt. Eine Monographie, Regensburg 1865

JOHANNES METZLER (Hrsg.), Johannes Eck. Epistola de ratione studiorum suorum (1538). Erasmus Wolph. De obitu Ioan. Eckii adversus calumniam Viti Theodorici (1543) (Corpus Catholicorum 2), Münster 1921

JOHANNES METZLER (Hrsg.), Tres orations funebres in exequiis Ioannis Eckii habitae. Accesserunt aliquot epitaphia in Eckii obitum scripta et catalogus lucubrationum eiusdem (1543) (Corpus Catholicorum 16), Münster 1929

HEINZ JÜRGEN REAL, Die privaten Stipendienstiftungen der Universität Ingolstadt im ersten Jahrhundert ihres Bestehens (Ludovico Maximilianea Forschungen 4), Berlin 1972

ALFRED WENDEHORST, Das Stift Neumünster in Würzburg (Germania Sacra. Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz NF 26. Das Bistum Würzburg 4), Berlin/New York 1989

SEBASTIAN GÖTTERT – CLAUDIUS STEIN – GERALD STUTZ, Urkundenregesten aus dem Archiv des Herzoglichen Georgianums. Ingolstädter Epoche 1487 bis 1788. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt 118 (2009) 197–234


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