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November 2017

Photos von der Probeaufstellung eines Bismarck-Kopfes im Lichthof der LMU im Jahre 1921

(UAM, B-VI-18)

Im Jahre 1911 hatte man in der neu errichteten Haupthalle der Ludwig-Maximilians-Universität, im heutigen Lichthof, zwei kolossale Marmorfiguren aufgestellt, die einerseits König Ludwig I. und andererseits den Prinzregenten Luitpold darstellen.1 Ludwig I. hatte die Universität 1826 von Landshut nach München geholt, während in den Jahren der Regentschaft des Prinzen Luitpold das Hauptgebäude der LMU massiv erweitert worden war. Da somit schon zwei Figuren den Lichthof schmückten, kam die Frage auf, ob man dort weitere Statuen oder Büsten aufstellen solle, etwa von verdienten Professoren der Universität. Aus ästhetischen Gründen wollte man freilich vermeiden, billige Gipsbüsten zu präsentieren.2 Eine Liste, wen man würdig genug fand, neben dem bayerischen König und dem Prinzregenten in den Lichthof einzuziehen, gab es freilich nicht.

Da Büsten aus Marmor jedoch teuer waren und da solche erst neu angefertigt werden mußten, dauert es einige Jahre, bis tatsächlich die ersten derartigen Büsten im Lichthof ihren Platz fanden. Den Anfang machte 1927 eine Darstellung des Publizisten und als Professor für Geschichte von Ludwig I. nach München berufenen Joseph von Görres. Es folgten Büsten des Physikers Wilhelm Conrad Röntgen (1928), des Juristen Karl von Amira (1930), des Nationalökonomen Lujo Brentano (1932) sowie des Theologen Johann Michael Sailer (1933).

Ohne eigenes Konzept, wer tatsächlich im Lichthof der Universität geehrt werden sollte, tat sich die Universitätsleitung gerade dann besonders schwer, wenn ihr Büsten als Geschenk angeboten wurden, vor allem aber, wenn ein solches Geschenk darüber hinaus mit der Auflage verbunden war, es an einem besonders repräsentativen Ort der Universität aufzustellen. Das konnte nur bedeuten, daß der Schenkende den Lichthof der LMU ins Auge gefaßt hatte. Mit einem solchen Fall sah sich die Universität im Jahre 1921 konfrontiert, also zu einer Zeit, als dort lediglich Ludwig I. und Prinzregent Luitpold bewundert werden konnten. 1921 aber wurde der LMU eine äußerst groß dimensionierte, wie eine Maske wirkende Büste des Reichsgründers Otto von Bismarck und eine in Größe und Anmutung ähnlich gestaltete Goethe-Büste von privater Seite als Geschenk offeriert.3 Die Stifter4 und ebenso der Künstler, Prof. Fritz Behn5, bestanden darauf, daß die beiden Gaben im Lichthof aufzustellen seien. In diesem Zusammenhang wurde sogar dezidiert politisch argumentiert. Mit Blick auf den verlorenen Weltkrieg und angesichts der verbreiteten „Reichsmüdigkeit“ verlieh man der Hoffnung Ausdruck, daß die Büsten von Bismarck und Goethe, wenn sie denn im Lichthof dauernd zu sehen wären, unter den Studenten und Professoren positive, also nationale Wirkungen entfalten würden.

Die Universität wiederum reagierte mit einer Probeaufstellung, die photographisch dokumentiert wurde. Freilich waren die Büsten, nach Ansicht der Verantwortlichen der Universität, für den Lichthof viel zu groß. Um das Problem zu lösen, tagte Mitte Juni 1921 ein eigens eingerichteter Ausschuß, bei dessen Beratungen wieder einmal ästhetische Gründe eine gewichtige Rolle spielten. Dort stellte man fest: „Eine Aufstellung, bei der beide Masken gleichzeitig sichtbar werden, verbietet sich durch die Ungleichheit der Größe.“6 In vergleichbarer Weise wehrte sich der Architekt des Lichthofes, German Bestelmeyer, gegen eine dortige Präsentation der beiden Büsten, wobei er hervorhob, nicht aufgrund politischer Überlegungen zu argumentieren. Er sprach statt dessen vom „brutalen“ Maßstab des Bismarck-Kopfes im Vergleich zur Architektur des Lichthofes.

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Photos der Probeaufstellung eines Abgußes der Bismarck-Maske.

(zum Vergrößern bitte anklicken)

Anschließend gelang es, einen Kompromiß zu finden: Die Universität nahm die beiden Büsten zwar als Geschenk an, durfte aber selbst bestimmen, wo Bismarck und Goethe zu stehen kommen sollten. Die beiden Masken, die die Dimensionen des Lichthofs tatsächlich empfindlich gestört hätten, wurden schließlich in hoch angebrachten Innen-Nischen in der Nähe der seitlichen Ausgänge des Hauptgebäudes der LMU zur Amalienstraße aufgestellt – sie sind dort noch immer, wenngleich zumeist völlig unbeachtet, zu finden. Ende des Jahres 1921 aber hatte der Rektor der Universität mit Hilfe salbungsvoller Worte zumindest noch versucht, den Klagen der Stifterin7 über einen derart unattraktiven Aufstellungsort die Spitze zu nehmen, indem er im Rahmen eines Dankschreibens anmerkte: „Möge der Anblick dieser grossen Deutschen unsere akademische Jugend stählen in den schweren Aufgaben, die ihrer für unser Volk und Vaterland harren.“8

 

KW

 

  • 1 Vgl. das Stück des Monats Juni 2017.
  • 2 Vgl. Universitäts-Bauamt an den Verwaltungsausschuß der K. Ludwig-Maximilians-Universität, 2.12.1919, UAM, B-VI-17, Bd. 1.
  • 3 Vgl. die einschlägigen Schriftstücke in: UAM, B-VI-17, Bd. 3 sowie B-VI-18.
  • 4 Als Stifter werden in den Akten, ohne nähere Hinweise, lediglich eine Frau Klara von Leipzig und ein Dr. Hans Ruederer genannt. Letzterer könnte u.U. ein Sohn des Schriftstellers Josef Ruederer sein. Vgl. Universitäts-Bauamt an den Rektor, 26.10.1921 sowie Schreiben des Rektors Erich von Drygalski an Frau von Leipzig, 17.12.1921, UAM, B-VI-17, Bd. 3.
  • 5 Zu Behn vgl. P. Kühn: Behn, Fritz; in: Ulrich Thieme / Felix Becker (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart; Bd. 3/4, Leipzig 1999, S. 203f.; Hugo Schmidt (Hrsg.): Fritz Behn als Tierplastiker; München 1922; Joachim Zeller: Umstritten, vergessen. Der Tierplastiker Fritz Behn; in: Ursel Berger / Günter Ladwig (Hrsg.): Tierplastik deutscher Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Sammlung Karl H. Knauf; Berlin 2009, S. 42-51.
  • 6 Universitäts-Bauamt an den Rektor, 26.10.1921, UAM, B-VI-17, Bd. 3.
  • 7 Die Stifterin äußerte sich sehr enttäuscht über den ausgewählten Aufstellungsort, vgl. Klara von Leipzig an den Senat, 5.9.1921, UAM, B-VI-17, Bd. 3.
  • 8 Rektor Erich von Drygalski an Frau von Leipzig, 17.12.1921, UAM, B-VI-17, Bd. 3.

Literatur

  • Claudius Stein (Hrsg.): Domus Universitatis. Das Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität München 1835 – 1911 – 2011; München 2015.
  • Katharina Weigand: „Kunst am Bau“ oder politisches Programm? Denkmäler im Hauptgebäude der Universität; in: Claudius Stein (Hrsg.): Domus Universitatis. Das Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität München 1835 – 1911 – 2011; München 2015, S. 161-194.
  • Sieglinde Seele (Hrsg.): Lexikon der Bismarck-Denkmäler. Türme, Standbilder, Büsten, Gedenksteine und andere Ehrungen. Eine Bestandsaufnahme in Wort und Bild; Petersberg 2005 (in dieser Veröffentlichung fehlt allerdings der Bismarck-Kopf im Hauptgebäude der LMU).

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