September 2009
Stellungnahme Ignaz von Döllingers über die Abhaltung einer Canisius-Feier an der Universität München, 1865
(Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität, K-I-50)
Ausgehend von strengkirchlichen Anfängen durchlief der Münchener Kirchenhistoriker Ignaz von Döllinger (1799–1890) im Jahrzehnt zwischen 1860 und 1870 eine bemerkenswerte, von kritischer Reflexion der kirchlichen Entwicklung in Vergangenheit und Gegenwart getragene geistige Entwicklung, die ihn schließlich zum schärfsten Kritiker der neuen Papstdogmen des Ersten Vatikanischen Konzils (Unfehlbarkeit) werden ließ. Eine Station auf dem Weg vom „ultramontanen“ zum „liberalen“ Döllinger war die Seligsprechung des Jesuitentheologen Petrus Canisius (1521–1597), der zeitweise an der Universität Ingolstadt gewirkt hatte. Seine Bedenken, eine Canisius-Feier an der Universität München, die Mitte des 19. Jahrhunderts ihren katholischen Stiftungscharakter weitgehend abgelegt hatte, abzuhalten, trug Döllinger in der Fakultätssitzung vom 9. Mai 1865 vor:
„Der Dekan referirte einfach über die Motive, die ihn zur Vorlage vom 3. Mai (Canisius-Feier) betr. bestimmt hatten, u. lud zur mündlichen Discussion ein. Dr. Döllinger äußerte sich gegen die Abhaltung, hauptsächlich aus dem Gesichtspunkte der Inopportunität, weil selbe für eine Demonstration dem Jesuitenorden zu Gunsten gedeutet werden könnte, – weil der Beatificirte auch nur kurz in Bayern gewirkt. Die mitunter peinlichen Auslassungen des Redners über die Stellung u. Wirksamkeit der Jesuiten in Ingolstadt überhaupt u. über die Verdienste des Canisius an der Universität insbesondere – im Einzelnen werden besser weggelassen. […] Döllinger wies diese Argumente schließlich mit der Erklärung ab, ,es frage sich, was man im Cabinete dazu sage!’ Der Dekan proponirte nach fast anderthalbstündiger Debatte, daß in Anbetracht, daß Einhelligkeit nicht vorhanden sei, vom Gedanken einer officiellen Feier sei es Seitens der Universität, sei es der Fakultät, abzugehen sei. Diese Resolution ward, mit Abwerfung der Mittelanträge, zuletzt auch angenommen.“
