Geschichte des Georgianums
Seit 1826 befindet sich das Georgianum mit der Universität in München: von 1826 bis 1841 im ehemaligen Karmelitenkloster, seit 1841 im Neubau König Ludwigs I. an der Ludwigstraße gegenüber der Universität. Das Amt des Direktors war seit Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem Lehrstuhl für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät verbunden. Die Zahl der Alumnen und Konviktoren, die stets aus verschiedenen, hauptsächlich bayerischen Bistümern kamen, betrug im 19. und frühen 20. Jahrhundert gewöhnlich an die 100. Von der Krise der Theologischen Fakultät anläßlich der Auseinandersetzung um das Erste Vatikanische Konzil und der Exkommunikation Ignaz von Döllingers 1871 wurde auch das Georgianum hart betroffen, da einige Bischöfe, an der Spitze der Regensburger Ignaz von Senestrey, ihren Kandidaten das Studium in München verboten und sie unter Androhung der Weiheverweigerung aus dem Georgianum zurückriefen.
Geleitet wurde das Georgianum durchweg von tüchtigen Direktoren/ordentlichen Professoren der Pastoraltheologie: Georg Friedrich Wiedemann (1821–1842), Franz Xaver Dirnberger (1842–1855), Karl Borromäus Thumann (1855–1863), Valentin Thalhofer (1863–1876), einer der bedeutendsten Liturgiker des Jahrhunderts und 1864 Gründer des Homiletischen Seminars beim Herzoglichen Georgianum zur praktischen Ausbildung, Andreas Schmid (1877–1909), der mit Umsicht das Haus in den genannten Schwierigkeiten konsolidierte und die hervorragende Kunstsammlung anlegte, und Eduard Weigl (1909–1939). Die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg brachte den totalen Verfall des ansehnlichen Stiftungsvermögens. Weitaus belastender waren für Direktor Weigl die Schwierigkeiten mit dem Münchener Erzbischof Michael Kardinal von Faulhaber, der ihm gegen alles Herkommen und in verletzendster Form einen Spiritual aufzwingen wollte. Die Schließung der Theologischen Fakultät durch das nationalsozialistische Regime im Frühjahr 1939 anläßlich der Wiederbesetzung des Lehrstuhles für Kirchenrecht zog die von Weigl befürchtete Schließung und Zweckentfremdung des Georgianums nach sich (1939–1945).
In den Luftangriffen des Zweiten Weltkrieges wurde das Georgianum am 13. und 16. Juli 1944 schwer getroffen, durch Materialentnahme auch in der ersten Nachkriegszeit weiter zerstört. Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft konnte das „Herzogliche Georgianum“ Ende 1945 als Priesterseminar wiedereröffnet und vorerst mit der gleichfalls wiedereröffneten Theologischen Fakultät in Schloß Fürstenried untergebracht werden. Unter der Direktion des Professors für Liturgiewissenschaft und Pastoraltheologie Joseph Pascher (1946–1960) konnte unter größten Schwierigkeiten die Dreiflügelanlage am alten Platz aufgebaut und seit 1948/49 schrittweise bezogen werden. Die Zahl der Alumnen betrug zeitweilig über 100. Paschers Nachfolger, die Professoren für Liturgiewissenschaft Walter Dürig (1960–1980) und Reiner Kaczynski (1980–2004), führten den Ausbau und notwendige Sanierungsarbeiten umsichtig fort, auch zur neuen Sicherung der Fundation. Seit 1972/73 war im Georgianum für ein Jahrzehnt zusätzlich das Priesterseminar des Erzbistums München und Freising provisorisch untergebracht. Das Haus besitzt eine wertvolle wissenschaftliche Bibliothek und eine umfangreiche hochrangige Sammlung religiöser Kunst, die seit 1986 in einem eigenen Museum untergebracht ist. Seit 1962 erscheint das Korrespondenz- und Mitteilungsblatt „Epistula“.
Nach dem geltenden bayerischen Stiftungsrecht ist das Georgianum keine kirchliche Stiftung, sondern eine mit der Universität und dem Freistaat Bayern „in einem organischen Zusammenhang“ stehende Stiftung des öffentlichen Rechtes. Die Vermögensverwaltung ist im wesentlichen Organen der Universität anvertraut. Die Leitung des Georgianums ist dem Direktor übertragen, seit 2005 Prof. Dr. Winfried Haunerland. Er muß Priester sein und wird unter Mitwirkung der Universität, besonders der Katholisch-Theologischen Fakultät, und mit Gutheißung des Erzbischofs von München und Freising vom bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst ernannt. Das zuständige Ministerium übt auch die Stiftungsaufsicht.