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Dezember 2011

Stifterblatt der Matrikel der Universität Ingolstadt, UAM D-V-2

Natürlich ist unser Stück des Monats Dezember wieder passend zur Weihnachtszeit gewählt. Allerdings sehen Sie hier keinen Ausschnitt aus einer Weihnachtspostkarte, sondern das Detail gehört zum sog. „Stifterblatt“ in der ältesten Hauptmatrikel unserer Universität.

Stifterblatt

Mit diesem begrüßen wir zu anderen Zeiten auch gerne die Besucher auf unserer Website. Denn wer jemals das Glück hat, das originale Matrikelbuch aus dem Jahre 1472 aufzuschlagen, wird auch dort zuerst von zwei Buchmalereien begrüßt: dem sog. Schwurblatt, das die Kreuzigungsgruppe zeigt und auf dem alle beim Eintrag in die Matrikel mit Handauflage ihren Eid zu leisten hatten, und danach eben das hier wiedergegebene Stifterblatt, in dem - ganz prominent in der Mitte - Maria mit dem Jesuskind unter einem gotischen Baldachin thront. Links und rechts von ihnen befinden sich der Landesherr und Universitätsstifter, Herzog Ludwig der Reiche, und der erste gewählte Rektor der Universität, Gregor Mendel von Steinfels.

Wie das Matrikelbuch selbst stammt die Miniatur aus dem Jahre der Eröffnung unserer Universität in Ingolstadt, also dem Jahr 1472! Das Blatt mit der Abbildung der Muttergottes ist dem Matrikelbuch vorgebunden wie ein Schild, auf daß Maria ihren Schutz über der Universität ausbreiten möge. Maria als „Patrona Bavariae“ ist uns in Bayern ja ein vertrauter Begriff und ein häufiges Bild vor Augen. Jedoch kam dieses Motiv eigentlich erst unter Kurfürst Maximilian I. mit Beginn des 17. Jahrhunderts, dann v.a. ab dem Dreißigjährigen Krieg, in den bayerischen Landen zur weiten Verbreitung. 

Mit dem Stifterblatt der Ingolstädter Matrikel haben wir also ein sehr frühes Zeugnis der Marienverehrung in Bayern vorliegen, dessen Wurzeln wiederum wohl ebenfalls und noch früher in Ingolstadt zu finden sind: Das Motiv des Stifterblattes findet sich bereits auf einem kleinen Marienaltar aus Gold, Silber und Emaile, den Neujahr 1405 der französische König Karl VI. von seiner wittelsbachischen Gattin Isabeau geschenkt bekommen hatte. Auf diesem Alter findet sich, wie auf dem Stifterblatt, Maria mit dem Jesuskind, rechts und links davon als Assistenzfiguren der französische König und sein Marschall, die sich unter den Schutz der Muttergottes stellen. Das Prunkstück ist heute im Wallfahrtsmuseum in Altötting zu bewundern, bekannt als „Goldenes Rößl“. Die Kostbarkeit war nur wenige Jahre nach 1405 als Pfand in die Hände Herzog Ludwig VII. (des Gebarteten) von Bayern-Ingolstadt gelangt, dem Bruder Isabeaus. Ein Jahrhundert später gelangte es wiederum als Pfand für Kriegsschulden in die Schatzkammer des Stiftes Altötting.

Goldenes Rößl

Eine weitere Goldemailplastik aus dem Pfandgut Ludwigs des Gebarteten gelangte 1441 als Geschenk in das Ingolstädter Münster, bevor sie um 1800 eingeschmolzen wurde und damit der Nachwelt verloren ging. Sie zeigte, wie uns ein glücklich überliefertes Gemälde berichtet, ebenfalls Maria mit dem Kinde und ihm zu Füßen das französische Königspaar. Eben dieses Gnadenbild sollte damals nach dem Willen des Landesherrn namensgebend werden für das Ingolstädter Münster zu „Unser Lieben Frauen“. Dieses Münster wurde 1472 ja Universitätskirche, und dem (uns unbekannten) Schöpfer der Matrikel-Miniatur dürfte damit dieses Marienmotiv zu seiner Zeit allemal realiter vor Augen gestanden haben.

Gnadenbild

Nun wissen wir also, wie höchstwahrscheinlich Maria in das Stifterblatt unserer Matrikel gekommen ist. Wir können die Spuren dieses Motivs sogar noch weiter verfolgen, denn bereits zur ersten Jahrhundertfeier der Hohen Schule zu Ingolstadt taucht das Marien-Motiv erneut im Zusammenhang mit der Universität auf: In dem 1572 anläßlich des Universitätsjubiläums von Hans Mielich gefertigten großartigen Flügelalter im Ingolstädter Münster befindet sich u.a. auch ein großer Marienzyklus. Zentrales Bild darin ist wiederum die Darstellung Mariens mit dem zur Seite geneigten Jesuskind, ihnen zu Füssen die herzogliche Stifterfamilie - also wiederum ein „Stifterblatt“. Gabriele Wimböck, die sich intensiv mit dem Mielich-Altar beschäftigt hat, erkennt eben hier auch eine eindeutige Traditionslinie, beginnend beim Goldenen Rößl bzw. der Ingolstädter Gnad, in der sich die Wittelsbacher als gottgefällige Stifter unter den Schutz Mariens stellen.

Flügelaltar Mielich

Vor allem aber über die Siegel der Universität hat sich das Marienmotiv in Verbindung mit unserer Universität bis in die Gegenwart hinein erhalten: Ludwig der Reiche hatte bereits 1472 in seinem Stiftungsbrief für die Universität festgelegt, daß im großen und kleinen Universitätssiegel sowie im Secretum wiederum Maria im Zentrum des Siegelbildes darzustellen sei. Erst in ihrer Landshuter Epoche, danach auch wieder in der NS-Zeit und in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts (!) hatte man das Motiv aus dem Siegelbild bzw. dann aus dem „Logo“, wie es einst hieß, verbannt. Bis dann vor einigen Jahren das alte Siegelbild und mit ihm wieder Maria mit dem Kind wohlwollend ins gegenwärtige CI der LMU aufgenommen wurden.

Siegel          Typar

Ob also auf der Startseite im Internet oder auf jedem Briefkopf der LMU - für unsere Universität ist eigentlich immer Weihnachten. Und das schon seit 539 Jahren - oder? Damit also wünschen wir Ihnen und den Ihren jetzt schon ein Frohes Weihnachtsfest!

WS

Literaturhinweise:

Eikelmann, Renate (Hg): Von Paris nach Bayern. Das Goldene Rössl und Meisterwerlke der französischen Hofkunst um 1400. München 2006.

Prantl, Karl: Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, Landshut, München. Bd. 2. München 1872 [Text Stifterbrief].

Wimböck, Gabriele: Der Ingolstädter Münsteraltar, München 1998.


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