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Februar 2013

Platzkarte zum Hochverratsprozeß gegen Mitglieder der „Weißen Rose“ vor dem Volksgerichtshof in München am 19. April 1943
(UAM, Studenten-Strafakt 260, Willi Graf)

Am 18. Februar 1943 waren ja Hans und Sophie Scholl unmittelbar bei Verteilung ihrer Flugblätter in der Universität festgenommen worden, zwei Tage später auch Christoph Probst in Innsbruck. Am 22. Februar vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt, wurden alle drei Studenten noch am gleichen Tage hingerichtet.

Die hier gezeigte Platzkarte verweist jedoch auf den zweiten Hochverratsprozess, der erst am 19. April 1943 gegen 14 weitere Angehörige der „Weiße Rose“ vor dem Volksgericht in München inszeniert worden war. In diesem Prozeß waren Professor Kurt Huber sowie die Studenten Willi Graf und Alexander Schmorell als weitere Hauptakteure zum Tode verurteilt worden. Ihnen sollte dann nach einem weiteren Prozeß am 13. Oktober 1944 in Donauwörth der Chemie-Student Hans Leipelt als siebtes Opfer aus dem Münchener Kreis der „Weißen Rose“ folgen.

Platzkarte

Das Billet zum Prozeß am 19. April entstammt dem „Studenten-Strafakt“ von Wilhelm (Willi) Graf. Während die Universität bei der „Strafverfolgung“ ihrer Studenten durch die NS-Justiz kaum involviert war, ging die Universität selbst jedoch gegen ihre Mitglieder auf Basis des NS-Studentenrechts vor: Dieses hatte definitiv ab dem 1.4.1935 durch die vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung erlassene „Strafordnung“ das bisherige durch die deutschen Hochschulen und Länder autonom ausgeübte Disziplinarrecht im Sinne des Führerprinzips und der reichsweiten Vereinheitlichung abgelöst. So wurden Hans und Sophie Scholl sowie Alexander Schmorell bereits am 21. Februar, also noch vor ihrem eigentlichen Prozeß, durch den dafür zuständigen „Dreierausschuß“ der Universität, bestehend aus dem Rektor sowie den Führern von Dozentenschaft und Studentenschaft, zur akademischen Höchststrafe verurteilt: „dem dauernden Ausschluß vom Studium an allen deutschen Hochschulen“. Auch alle anderen später Verurteilten wurden, meist mit gleicher Strafe, entsprechend gemaßregelt.

Eben jene für die Arbeit des Dreierausschusses angelegten „Strafakten“ der Mitglieder der Weißen Rose sind im Universitätsarchiv erhalten. Sie sind von sehr unterschiedlicher Konsistenz, meist finden sich darin aus den allgemeinen Studentenakten und der Studentenkartei übernommene Unterlagen. Sind es oft auch nur wenige Dokumente in solch einem Akt, so haben diese dennoch große Bedeutung v.a. vor dem Hintergrund, daß ansonsten alle anderen Studentenakten jener Zeit nicht mehr überliefert sind. Vieles zu diesen Vorgängen dürfte auch bei der Bombardierung des Hauptgebäudes im März 1943 und Juli 1944 vernichtet worden sein. Über die Strafakten aber besitzen wir also heute noch allerlei Studienunterlagen der Mitglieder der Weißen Rose, z.B. die Studienbücher von Alexander Schmorell und Willi Graf, einen eigenhändigen Lebenslauf von Hans Scholl aus dem Jahre 1939, Gebührenblätter, fast alle Studentenkarteikarten der Weiße-Rose-Mitglieder, aber auch Zeitungsausschnitte, amtliche Mitteilungen über die Bestrafung, Abschriften der Volksgerichtsurteile etc.

Studienbuch

Strafmitteilung

Fahndungsaufruf Schmorell

Das Studium dieser Unterlagen gibt manch seltsames Detail frei. So begegnen uns z.B. auf der Studentenkarteikarte von Sophie Scholl die staatliche wie die akademische Gerichtsbarkeit auf recht makabre Weise: auf der Vorderseite der Karte befindet sich u.a. der Vermerk „am 22.2.43 zum Tode verurteilt. Urteil vollstreckt“. Auf der Rückseite unter der Rubrik Strafen wurde noch am 9.3.43 lapidar vermerkt: „wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Feindbegünstigung mit dauerndem Ausschluß von allen deutschen Hochschulen bestraft“. Auch in der Universität schien in dieser Zeit also die Bürokratie ebenso unbeirrbar wie unbarmherzig zu funktionieren…

Ausschnitt Vorderseite

Ausschnitt Rückseite

 WS


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