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September 2013

Rektoratsreden von Prof. Dr. Franz Streber, Stiftungsfest 1844 und 1853
(Universitätsarchiv München, Sammlungen, Nachlässe, NL-045)

Franz Streber (1806–1864) war seit 1840 an der Ludwig-Maximilians-Universität ordentlicher Professor für Archäologie, Kunstgeschichte und Ästhetik und seit 1841 in der Nachfolge seines Onkels Konservator des Münzkabinetts. In allen Stellungen, die Streber einnahm, vertrat er mit offener Entschiedenheit eine streng kirchliche Richtung: „Seine Gründung war der Verein zur Unterstützung armer Studirender, dessen Vorstand er bis zu seiner letzten Krankheit blieb, eine Abzweigung der St. Vincentiusgesellschaft, die ihn ebenfalls zu ihren Stiftern zählte. Der Papst hat seine Verdienste um die katholische Sache durch Verleihung des Gregoriusordens anerkannt. 1848 gründete er mit Gleichgesinnten den Verein für constitutionelle Monarchie und religiöse Freiheit, dessen erster Vorstand er während seines achtjährigen Bestandes war und in dessen Auftrag er eine Reihe von politischen Adressen und Erklärungen verfaßte.“ (Sigmund Riezler)

An der Universität München herrschte seit den späten Regierungsjahren von König Ludwig I. ein heftiger Widerstreit zwischen liberalen und ultramontanen Gesinnungen. Fielen die Wahlen zum Rektorat zunächst im regelmäßigen Wechsel auf Anhänger der jeweiligen Richtungen, setzte sich seit den 1860er Jahren zusehends das liberale Element durch. Für eine Kompromissbereitschaft im Wesen Franz Strebers spricht, dass er zwei Mal zum Rektor gewählt wurde, für das Studienjahr 1843/44 und 1852/53. Somit hatte er je zwei Reden zum Rektoratsantritt und zum Stiftungsfest zu halten.

Bereits der Stiftungsbrief schrieb 1472 vor, dass der Rektor einmal in jedem Semester die Studentenschaft zusammenrufen und eine „Ermahnungs-Rede“ an sie richten soll. Anschließend sollte der Pedell die akademischen Gesetze verlesen. Dies ist der Ursprung der Reden bei Übernahme des Rektorats. Allerdings sollte sich im Lauf des 19. Jahrhunderts der Charakter einer „Ermahnungs-Rede“ wandeln hin zu Spezialvorträgen aus dem Fachgebiet des Referenten oder auch, worin der besondere Reiz liegt, hin zu programmatischen Verlautbarungen nach Vorliebe des Redners oder nach Anforderung der Zeit. Nicht nur das universitäre Publikum, auch die Honoratioren der Stadt nahmen diese Verlautbarungen begierig auf. Die alsbald erfolgte Drucklegung ermöglichte eine Rekapitulation getrennt vom actus publicus.

Am 18. Dezember 1843 sprach Franz Streber über die Größe und Wichtigkeit der akademischen Studien, am 8. Januar 1853 „ueber die Aufgabe der Kunst und Wissenschaft“. Von diesen Reden zum Rektoratsantritt sind lediglich die gedruckten Fassungen überliefert.

Ein nicht minder mächtiger Strang nahm 1830 seinen Anfang. Damals wurde beschlossen, künftig den Jahrestag der Universitätsstiftung (26. Juni 1472) festlich zu begehen. Die entsprechenden Feierlichkeiten gipfelten wiederum in einer Rede, bestehend einerseits aus einem vom jeweiligen Rektor selbstgewählten Gegenstand und andererseits aus einem Rückblick auf das abgelaufene Studienjahr (Wintersemester und Sommersemester) nach immer gleichem Schema. Neben den Reden anlässlich des Stiftungsfests pflegten humoristische Gedichte zu erscheinen.

Die Reden, die Franz Streber zum Stiftungsfest 1844 und 1853 hielt, sind hingegen nur im Manuskript überliefert, und zwar als Reinschrift im Bestand des Akademischen Senats (UAM, D-X-11; UAM, D-X-12) und als Entwurf im Nachlass Streber. Für die Rede von 1853 beinhaltet der Nachlass auch Strebers umfangreiche Sammlung an Exzerpten.

Ttiel 1853           Titel 1844          Zeichnung
Titel 1844                           Titel 1853                          Zeichnung

Die Ansprache zum Stiftungsfest 1844 beschäftigt sich ziemlich knapp mit den Gründungswellen der europäischen Universitäten unter gebührender Berücksichtigung der Universität Ingolstadt, um dann bald zum Bericht über das abgelaufene Studienjahr überzugehen. Erheblich differenzierter ist die Stiftungsfest-Ansprache 1853. Sie widmet sich ebenfalls Ingolstädter Verhältnissen, speziell dem Amtsgewand des Rektors, den Riten bei Verleihung akademischer Grade und den für diesen Standort nachweisbaren Bursen, also den Studentenunterkünften. Das letztgenannte Thema interessierte Streber besonders, da er wie erwähnt, den „Verein zur Unterstützung armer Studirender“ gegründet hatte. Der Bericht über das abgelaufene Studienjahr enthält u. a. einen Nekrolog auf den Sprachforscher Johann Andreas Schmeller.

Das Universitätsarchiv, das für die Wahrung der geschichtlichen Belange der Universität München in der Hauptsache zuständig ist, ermöglicht mit der Online-Präsentation der Rektorats- und Universitätsreden Grundlagenforschung für die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte allgemein und für die Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität speziell, die 2022 ihre 550-Jahr-Feier begeht.

CS

Literatur

DIETER LANGEWIESCHE, Zur untergegangenen Tradition der Rektoratsrede, in: Akademie Aktuell. Zeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 2007/2, 47–49

DIETER LANGEWIESCHE, Rektoratsreden – ein Projekt in der Abteilung Sozialgeschichte, in: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Jahresbericht 2006, 47–60

SIGMUND RIEZLER, Franz Streber, in: ADB 36 (1893) 553 f.

CLAUDIUS STEIN, Der „Fall“ des Historikers Johann Nepomuk Sepp. Prinzipienkampf zwischen Liberalismus und Ultramontanismus an der Universität München?, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 71 (2008) 175–229

FRANZ STREBER, Rede an die Studirenden, München: Wolf o. J.

FRANZ STREBER, Ueber die Aufgabe der Kunst und Wissenschaft, München: Weiß 1853

 


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