Universitätsarchiv
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Oktober 2010

Das diesmalige Stück des Monats steht stellvertretend für einen ganzen Bestand, den man im Universitätsarchiv München kaum vermuten würde: eine Sammlung von 88 Porträts berühmter Augustiner-Chorherren, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gefertigt für das Augustiner-Chorherrenstift Polling nahe Weilheim.
Der damalige Pollinger Propst Franz Töpsl (1744-1796) arbeitete über Jahrzehnte an einem bio-bibliographischen Lexikon aller Schriftsteller seines Ordens, das er auch mit Abbildungen versehen wollte. Europaweit bat er Mitbrüder um Mithilfe bei diesem Projekt. Dank seines stetigen Bemühens trafen in Polling unzählige Beiträge und Porträtvorlagen ein. Letztere übergab er zudem verschiedenen Malern, die ihm anhand dieser Vorlagen Leinwandgemälde ausführten. Töpsls Lexikon blieb nur ein ungedrucktes, vielbändiges Manuskript, doch mehr als 200 in Öl gemalte Augustiner-Chorherren hingen schließlich weitläufig verteilt in den Gängen und Räumen des Stifts. Als omnipräsente Vorbilder sollten sie die Pollinger Chorherren anspornen, selbst wissenschaftlich produktiv zu sein.

Die Säkularisation 1803 bereitete dem Stift Polling, das im 18. Jahrhundert ein leuchtender Hort der katholischen Aufklärung gewesen war, ein jähes Ende. Kommissionen reisten an, um die wertvollsten Güter für den Abtransport nach München auszuwählen. Bei der Fülle des Materials weckten die erst in jüngster Vergangenheit entstandenen Chorherrenporträts keinerlei Interesse. Trotzdem wurde ein Großteil von ihnen nach München gebracht und sollte dort der Hofbibliothek überantwortet werden. Aus unerfindlichen Gründen gelangten die ihrer Rahmen entledigten Porträts jedoch auf ein Floß und wurden die Isar hinunter an die Landesuniversität in Landshut gesandt.

Dort staunte man nicht schlecht, vermutete ein Versehen und fragte geflissentlich nach, wann man die für die Universität „ohnehin ganz unbrauchbare Portraits-Sammlung“ wieder zurück nach München schicken sollte. Aus der Residenzstadt hieß es jedoch lapidar, der Rücktransport, der zwangsläufig gegen die Fließrichtung der Isar und somit auf dem Landweg hätte erfolgen müssen, sei zu teuer.

Somit blieben die Pollinger Chorherrenporträts bei der Universität, der sie wie geschildert anfänglich ganz unbrauchbar erschienen. Im Laufe der Zeit rahmte man zumindest einige wenige Exemplare und hängte diese in den universitären Räumlichkeiten auf. Heute weiß die LMU um den Wert dieses exzeptionellen Porträt-Zyklus in ihrem Besitz. Vom 13. Oktober bis 17. Dezember 2010 zeigt das Universitätsarchiv in Zusammenarbeit mit der UniGalerieLMU eine Sonderausstellung, die im Zusammenspiel mit ausgewählten Originalen Werden und Weg der Pollinger Chorherrenporträts veranschaulicht ("Ganz unbrauchbar..." Die Pollinger Pinakothek der LMU).

MM

Literatur:

Jahn, Wolfgang: Nicht zur Erbauung, sondern zum Ansporn. Die Chorherrenporträts und das Schriftstellerlexikon des Pollinger Propstes Franz Töpsl, in: Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg Neue Folge 20 (2008), S. 7-81.

Jahn, Wolfgang: Vergessene Bilder – vergessene Texte. Die Planung des Schriftstellerlexikons und der Chorherrengalerie des Pollinger Propstes Franz Töpsl, in: Herzog, Markwart / Weigl, Huberta (Hrsg.): Mitteleuropäische Klöster der Barockzeit. Vergegenwärtigung monastischer Vergangenheit in Wort und Bild, Konstanz 2010 (Irseer Schriften Neue Folge 5).


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