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Münchner Epoche

Ignaz von Döllingers Rede zum Stiftungsfest 1867 – Herausforderung von liberaler Seite

Im Studienjahr 1866/67 amtierte der führende Kirchenhistoriker des 19. Jahrhunderts Ignaz von Döllinger zum zweiten Mal während seiner akademischen Karriere als Rektor der Universität München und hatte als solcher die Rede beim Stiftungsfest 1867 zu halten. Döllingers Forschungen waren bereits damals liberal akzentuiert, weshalb er keinen Moment zögerte, dem Lehrkörper der alten, jesuitisch geprägten Universität Ingolstadt die Grundeinstellung qui bene latuit, bene vixit unterzuschieben. Diese Einschätzung wurde prägend für die Geschichtsschreibung der Kulturkampfzeit.

Ignaz v. Döllinger, Rede zum 395. Stiftungstag der Universität München, in: Ders., Akademische Vorträge, 3 Bde., München: Beck 1888–1891, Bd. 3, 1–10 (Bibliothek des Herzoglichen Georgianums, Hist. prof. 8° 746(3)

Rede Doellingers

Antwort von ultramontaner Seite: Johann Nepomuk von Ringseis’ Ehrenrettung der Hochschule, 1872

Auf ultramontaner Seite stand zu befürchten, daß Döllinger auch während seines dritten Rektorates 1871/72, das mit der 400-Jahr-Feier der Ludovico-Maximilianea zusammenfiel, die alte Universität Ingolstadt schmähen würde. Der in seinen Anschauungen noch ganz romantisch befangene Mediziner Johann Nepomuk von Ringseis spitzte daher die Feder zu einer 60seitigen Studie, um die nur dreiseitige Invektive Döllingers zu widerlegen. Die Historisch-politischen Blätter, deren Redaktion Döllinger schon lange gram war, öffneten Ringseis hierzu bereitwillig ihre Spalten.

Johann Nepomuk v. Ringseis, Ehrenrettung der Hochschule zu Ingolstadt gegenüber dem Herrn Universitätsrektor von Döllinger. Zur Feier des 400jährigen Bestandes der Ludovico-Maximilianea, Sonderdruck aus den Historisch-politischen Blättern, München 1872 (Bibliothek des Herzoglichen Georgianums, Bach 8° 91)

Studie Ringseis

Karl Prantl (1820–1888)

Geschichtsschreiber der Ludwig-Maximilians-Universität München beim 400. Jubiläum 1872

Reproduktion nach dem Bildnis von Wilhelm Graebhein in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität, Kustodie)

Portrait Karl Prantl

Prantls Geschichte der Universität München, 1872

Karl Prantl war zwar Philosoph und Philologe, empfahl sich jedoch aufgrund seiner äußerst liberalen Anschauungen dem Akademischen Senat als Geschichtsschreiber der Ludwig-Maximilians-Universität München beim 400. Jubiläum 1872. Die Stärke des Werkes liegt in der Abkehr von der annalistischen Darbietungsform zugunsten einer sachthematischen Entwicklungsgeschichte auf historisch-kritischer Grundlage. Geradezu peinlich war und ist jedoch die den Jesuitenorden und dessen Mitglieder fortlaufend verletzende Polemik. Besonders gerne rieb sich Prantl an seinem Vorgänger Mederer.

Karl Prantl, Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, Landshut, München. Zu Festfeier ihres vierhundertjährigen Bestehens, 2 Bde., München: Kaiser 1872 (Bibliothek des Herzoglichen Georgianums, Schmid I 8° 114(1–2)

Prantls Geschichte Titelblatt

Beispiel für Prantls Arbeitsweise: Biogramm Hieronymus Ziegler

Prantl gab ähnlich wie Mederer seinem Darstellungsteil einen Quellenband bei, der zusätzlich eine biographisch-bibliographische Abteilung enthielt. Obwohl Prantl zeitlich überlastet war – hatte er doch vor Beginn der Arbeit das Universitätsarchiv zu durchmustern und zu repertorisieren – überließ er das Zusammenstellen der Biogramme nicht seinen Hilfsarbeiten, sondern erledigte dieses Geschäft selbst. Hier parallel zu sehen Prantls charakteristische Handschrift und der danach erstellte Druck. Das Biogramm Nr. 78 behandelt den bedeutenden Humanisten Hieronymus Ziegler.

(Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität, W-I-21a, Bd. 11)

Handschrift Prantl          Druck

Reaktionen auf Prantls Universitätsgeschichte, 1887 und 1898

Zunächst wollte es scheinen, daß auf ultramontaner Seite großangelegte Gegendarstellungen zu Prantls Werk ausblieben. 1887 erschien dann aber doch eine zweibändige Histoire de l’Université d’Ingolstadt aus der Feder des Jesuiten Charles Hippolyte Verdière. Und 1898 veröffentlichte der Eichstätter Lyzealprofessor Franz Sales Romstöck seine bio-bibliographische, vielsagend Die Jesuitennullen Prantl’s an der Universität Ingolstadt und ihre Leidesgenossen betitelte Studie. Gleichwohl ist Prantls Werk noch immer nicht ersetzt und wurde daher 1968 nachgedruckt.

Charles Hippolyte Verdière, Histoire de l’Université d’Ingolstadt (Contre-réforme religieuse et réforme littéraire), 2 Bde., Paris: Lethielleux 1887 (Bibliothek des Herzoglichen Georgianums, Hist. eccl. 8° 1051(1–2)

Franz Sales Romstöck, Die Jesuitennullen Prantl’s an der Universität Ingolstadt und ihre Leidesgenossen. Eine biobibliographische Studie, Eichstätt: Brönner 1898 (Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität, Amtsbibliothek M-IV-201)

Verdières Histoire          Romstöcks Jesuitennullen


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