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August 2012

Eine Ingolstädter Bücherschenkung aus dem Jahr 1508 (Archiv des Herzoglichen Georgianums, I 8)

Herzog Georg der Reiche hatte im Stiftungsbrief des Georgianums den Wunsch ausgesprochen, dass der Fonds des Georgianums durch Zustiftungen in Form von Stipendien angereichert werden sollte. Einen ähnlichen Gedanken hatte Ludwig der Reiche bereits mit der Universitätsstiftung verbunden. Diesem Wunsch Georgs entsprach im Jahrhundert zwischen Ingolstädter Humanismus und Konfessionellem Zeitalter eine Reihe von Wohltätern, darunter prominente Männer wie der Theologieprofessor Johann von Adorf, Simon Thaddäus Eck, Stiefbruder von Johann Eck und bayerischer Kanzler, Michael Harrer-Eck, Neffe von Johannes Eck, und der Superintendent Martin Eisengrein. Besonders hervorzuheben ist der diese Reihe 1508 eröffnende Georg Zingel (1428–1508), in Ingolstadt Professor der Theologie und bekannt als Gegner des Jakob Locher (Philomusus). Dass Zingel ein Bücherliebhaber war, erkennt man nicht nur auf seinem Grabstein, sondern auch an seiner Stipendienstiftung. Georg Zingels Stipendienstiftung war gedacht für zwei Kollegiaten aus seiner Verwandtschaft, zu präsentieren durch die Obrigkeit von Schlierstadt im Odenwald, Zingels Heimat. Wenn es im Geschlecht des Stifters keinen „Geschickten“ geben sollte, wären zwei andere Odenwälder zu wählen, seien es nun Studenten, Bakkalare oder Magister der Artes liberales. Die beiden Pfründen erhielten eine üppige Dotation in Gestalt von landwirtschaftlichen Abgaben. Hinzukamen Betten und Tische. „Damit sy [die Stipendiaten] kainen mangel an der lernung haben“, hinterließ ihnen Zingel auch noch seine wertvolle Bibliothek, und zwar zum ausschließlichen Gebrauch. Der Stifter verfügte, dass die Werke der Sammlung in der Kammer der zwei Stipendiaten „an ketten gelegt“ und auf ewig „nit verrückt“ werden sollten. Die Titel der Bücher sind bekannt – deshalb ist die Schenkung ein Zeugnis ersten Ranges für die Geistesgeschichte der Universität Ingolstadt:

„der text sentenciarum mit dem comment Bonaventure in zwaien buchern sambt ainem register. Die wibel [= Bibel] in grosser form. Gwilhelmum Ockam super primo sentenciarum. Plinium in naturlichen geschichten. All opera Platonis. Cornucopiam. Opera Senece. Tragedie Seneca. Quintilianum. Oraciones Ciceronis. Opera Enee Silvii. Margeritam poeticam. Epistolas Philelphi cum dialogo Luciani. Opera Baptiste Mantuani. Oraciones Philippi Beroaldi. Oracionem Hermolai Barbari ad Fridericum tercium. Ethicam Geraldi Odonis. Theologiam naturalem. Jo. [!] Sumerhart de decimis. Politicam et economiam Versoris. Vocabularium breviloquum. Vocabularium „Ex quo“ predicancium et poetarum. Poetriam Foracii [!]. Zway guter betbücher sambt vil andern clainen buchlin scolasticalia, eingebunden und uneingebunden.“

Die Bücher verblieben bis 1776 in der Bibliothek des Georgianums und wurden im genannten Jahr zusammen mit dieser Bibliothek der Universitätsbibliothek einverleibt.

Grabstein Zingel     Urkunde AHG-I-8

CS

 

Literatur

Andreas Schmid, Geschichte des Georgianums in München. Festschrift zum 400jährigen Jubiläum, Regensburg/München 1894

Heinz Jürgen Real, Die privaten Stipendienstiftungen der Universität Ingolstadt im ersten Jahrhundert ihres Bestehens (Ludovico Maximilianea Forschungen 4), Berlin 1972

Walter Dürig, Zerstörung und Wiederaufbau der Bibliothek des Herzoglichen Georgianums in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. Eine archivalische Dokumentation, in: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 28 (1974) 145–158

Reinhard Heydenreuter, Wohltäter der Wissenschaft. Stiftungen für die Ludwig-Maximilians-Universität München in Geschichte und Gegenwart (LMUniversum 7), München 2009

Sebastian Göttert – Claudius Stein – Gerald Stutz, Urkundenregesten aus dem Archiv des Herzoglichen Georgianums. Ingolstädter Epoche 1487 bis 1788, in: Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt 118 (2009) 197–234

Claudius Stein, Die Bibliothek des Herzoglichen Georgianums, in: Manfred Weitlauff – Claudius Stein (Hrsg.), Das Herzogliche Georgianum in München. Strukturelle Untersuchungen zu seiner historischen und gegenwärtigen Gestalt (Münchener Theologische Zeitschrift 2010/4), St. Ottilien 2010, 362–379

 


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