Universitätsarchiv
print

Links und Funktionen

Navigationspfad


Inhaltsbereich

März/April 2012

Personalakt des Akademischen Senats: Edmund Naumann, UAM, E-II-2554

Nach all den Besonderheiten, die wir Ihnen in den letzten Monaten aus unseren Beständen gezeigt hatten, ist es an der Zeit, wieder einmal auf jene Besonderheiten zu verweisen, die auch im „Alltäglichen“ unserer Aktenberge verborgen sein können:

UAM, E-II-2554

Das hier abgebildete Reskript entstammt jenen Beständen unseres Archivs, in denen Tausende an Personal- und akademischen Prüfungsunterlagen aufbewahrt werden. Gerade diese Bestände werden besonders lebhaft für biographische und wissenschaftsgeschichtliche Forschungen benutzt. Wenn auch nicht auf jedem Aktenfaszikel gleich ein berühmter Name wie Apian, Röntgen, Alzheimer oder Guardini zu finden ist: In diesen Aktenbergen verstecken sich unzählige weitere „Schmankerl“ - wenn man sie nur zu finden weiß.

Nehmen wir uns also einfach einmal diesen Edmund Naumann, einen „ganz normalen“ Geologen, und seinen Personalakt vor: Geboren 1854 als Sohn eines Beamten in Meißen, Schulbildung am Zschocheschen Institut und am Polytechnikum Dresden, dann Studium und 1874 Promotion bei Karl Alfred von Zittel an unserer Universität.

Edmund Naumann

Nun ist das Jahr 1887 und Naumann gedenkt, sich an der LMU zu habilitieren, jedoch fehlt ihm dazu als Zulassungsvoraussetzung der Abschluß eines (humanistischen) Gymnasiums. Mit dem hier abgebildeten allerhöchsten Reskript erhält er jedoch Dispens und wird von diesem Makel befreit. Es war wiederum Professor Zittel, welcher dahingehend argumentiert hatte, daß Naumanns bisherige wissenschaftliche Lebensleistung, welche zwischen seiner Promotion und seiner Habilitation lag, ohnehin ganz locker für eine Habilitation ausgereicht hätte.

In der Tat: 1875, wenige Monate nach seiner Promotion, hatte Naumann einen zunächst zweijährigen Vertrag unterschrieben, der ihn als Professor für Mineralogie und Geologie an die Universität in Tokyo brachte. Er war damit einer jener „o-yatoi gaikokujin“, also „Kontrakt-Ausländer“, mit deren Hilfe das Japan jener Zeit mit atemberaubender Geschwindigkeit das Land zu modernisieren trachtete. Aus den zwei sollten letztendlich zehn Jahre in Japan werden, in denen er nicht nur lehrte, sondern später vor allem jahrelang durch das Land reiste, die erste umfassende geologische Landesaufnahme betrieb und auf organisatorischer Ebene den heute noch existierenden Geological Survey von Japan begründete.

Karte Japan

Zu seinen bedeutendsten wissenschaftlichen Leistungen in jener Zeit dürfte wohl die Entdeckung der mobilen Plattenstruktur Japans gehören. Namentlich die Entdeckung des großen Grabenbruchs von West nach Ost, ab 1886 als „Fossa Magna“ bezeichnet, haben ihm dauerhaften Ruhm eingebracht. Deshalb, aber auch wegen seiner Entdeckungen bestimmter fossiler Bindeglieder („Naumann-Elephant“), mit deren Hilfe er u.a. weitere Nachweise zur erdgeschichtlichen Entwicklung Japans erbrachte, ist der Name Edmund Naumann auch heute noch jedem Schulkind in Japan wohlbekannt.

Foassa-Magna-Museum

1994 wurde ihm in Itoigawa, an der Westkante der Fossa Magna, mit der Einweihung des Fossa-Magna-Museums ein herausragendes Denkmal gesetzt. In diesem befinden sich übrigens auch alle Dokumente, die sich zu Naumann in unserem Archiv finden ließen - in der von Japan her allseits gewohnten Faksimile-Qualität. In Deutschland selbst ist Naumann eher unbekannt geblieben; nur zeitweise erreichte er eine gewisse Bekanntheit noch zu Lebzeiten, als er sich nach seiner Rückkehr aus japanischen Diensten lebhafte Wortgefechte mit dem in Deutschland lebenden bekannten japanischen Schriftsteller und Arzt Mori Ogai (eigentlich: Mori Rintaro) lieferte. - Naumann wechselte später in die Industrie, zur Metallurgischen Gesellschaft in Frankfurt, wo er 1927 starb.

WS

Literatur:

Andreas N. Küppers, Heinrich Edmund Naumann und die Entwicklung der Geowissenschaften in Japan, in: Japanstudien 5 (1994), S. 89-103

Fossa Magna Museum (Hg), Dokumentensammlung zu Dr. Edmund Naumann, Itoigawa 2005

Zu den geologischen und paläontologischen Arbeiten Naumanns in Japan vgl. Andreas Küppers/Noboru Yamashita, in: Journal of the Geological Society of Japan 98 (1992) und 99 (1993), passim.


Servicebereich