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Januar 2012

Eine Partitur als Indiz für hochkultivierte Musikpflege im Georgianum

„Messa del Signore Paolo Grua Maestro di Capella“
1784–1796
(Archiv des Herzoglichen Georgianums, Mus. B 21)

„Messa del Signore Paolo Grua Maestro di Capella“ Archiv des Herzoglichen Georgianums, Mus. B 21

Bereits der Stiftungsbrief des Georgianums fordert, dass die Gottesdienste in der Hauskapelle mit würdigem Gesang ausgestattet werden sollen. Auch gilt als Voraussetzung für eine Aufnahme, dass der Bewerber „das khorgesanng ettlicher massen singen könne“. Die Statuten des 16. und 17. Jahrhunderts messen der musikalischen Ausgestaltung der Gottesdienste immer größere Bedeutung zu. In einem eigenen ausführlichen Abschnitt zum „Exercitium Musicale, & Instrumentale“ werden die Stipendiaten ausdrücklich verpflichtet, nicht nur aktiv die Messe musikalisch zu verschönern, sondern sich auch entsprechend im Choral- und Figuralgesang sowie auf den „ecclesiasticis Instrumentis“ fortzubilden. Diese bemerkenswerte Anweisung zeigt, dass besonderer Wert auf die instrumental begleitete Kirchenmusik gelegt wird; bei den kirchlichen Instrumenten handelt es sich hier um alle Instrumente (nicht nur um die Orgel), die zur Aufführung zeitgenössischer Kirchenmusik erforderlich sind. Auch der Regens wird mit Nachdruck angewiesen, für eine Hebung der Musikpflege zu sorgen. Die Sammlung der Musikinstrumente und Musikhandschriften beweist noch heute, dass die genannten Statuten nicht leere Forderungen aufgestellt, sondern eine lebendige kirchenmusikalische Praxis vorgefunden und weitergeführt haben.

Dass das Georgianum neben dem Museum auch über eine kleine Sammlung historischer Musikinstrumente verfügt, dürfte nur wenigen bekannt sein. Vier der vorhandenen Violinen wurden Mitte des 18. Jahrhunderts in Mittenwalder Werkstätten gebaut, ebenso ein Violoncello von Johann Augustin Gäßler aus dem Jahr 1762. Das schönste Instrument der Sammlung stellt zweifellos eine Viola von „Franz Zacher Lautten- und Geigenmacher zu Ingolstadt anno 1686“ dar. Dass die älteren Musikinstrumente aus der Ingolstädter Epoche stammen, beweisen neben dem zitierten Etikett die Lacksiegel auf der Unterseite der Resonanzkörper, die das bis 1800 übliche Siegelbild des Georgianums zeigen: ein Buch (die Bibel?) als Sinnbild für das gelehrte Streben unter den bayerischen Rauten, dezidierter Hinweis auf die landesherrliche Stiftung. Ursprünglich war, wie die Inventare aus dem frühen 19. Jahrhundert aufzeigen, ein erheblich umfangreicherer Bestand an Instrumenten vorhanden, der Aufführungen kirchlicher Musik auch in größerer Besetzung erlaubte.

Parallel zur Sammlung historischer Musikinstrumente verwahrt das Georgianum einen fast 1.000 Nummern umfassenden Bestand an Musikhandschriften. Auch er reicht bis in die Ingolstädter Epoche zurück und erlaubt detaillierte Rückschlüsse auf eine ausgeprägte Musikpflege. Die Messe in C-Dur des seit 1784 als Hofkapellmeister in München tätigen Francesco de Paula Grua (1753–1833) trägt die Altsignatur „Nro. 447“ und ist unter dieser Signatur im thematischen Musikalienkatalog der fürstbischöflichen Hofkapelle Freising verzeichnet, den 1796 der dortige Hofkapellmeister Wilhelm Joseph von Pauli angelegt hatte. Das Stück wurde also während der Säkularisation freigesetzt und vom Georgianum erworben. Die von einem Münchener Hofkopisten geschriebene Partitur mit vermutlich autographen Korrekturen und Ergänzungen ist ein Beleg für die musikalischen Beziehungen zwischen München und Freising. Nicht zuletzt ist die Partitur vollständig, wohingegen die in der Bayerischen Staatsbibliothek erhaltenen Stimmen nur Kyrie und Gloria enthalten.

CS

Literatur:

Karl Gustav Fellerer, Thematische Verzeichnisse der fürstbischöflichen Freisingischen Hofmusik von 1796, in: Walter Gerstenberg – Jan La Rue – Wolfgang Rehm (Hrsg.), Festschrift Otto Erich Deutsch zum 80. Geburtstag am 5. September 1963, Kassel 1963, 296–302, hier 296

Armin Brinzing, Die Musikpflege am Collegium Georgianum in Ingolstadt, Landshut und München, in: Musik in Bayern 68 (2005) 63–93, hier 80 f.

Armin Brinzing – Daniela Sadgorski (Hrsg.), Katalog der Musikhandschriften in der Bibliotheca Collegii Georgiani Monacensis, München 2007, 36

Johannes Haslauer - Claudius Stein, Im Dienst der Allgemeinheit. Stiftungskultur in Altbayern (bis 1807). Das herzogliche Georgianum in Ingolstadt und das Heiliggeistspital in München. Eine Ausstellung der Bayerischen Archivschule, 5. Dezember 2011 bis 5. Januar 2012, München 2011, 27-31

Instrumentensammlung des Georgianums, in: Epistula Nr. 25, 21


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