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Dezember 2016

Aus den Sammlungen der Herren von Eck

Leonhard von Eck (1480–1550), der führende Berater von Herzog Wilhelm IV., prägte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts neben der Kirchenpolitik des Herzogtums Bayern auch die Geschicke der Landesuniversität Ingolstadt, als deren „Patron“. Eck war aber nicht nur Politiker, sondern auch – was sich in zeittypischer Weise nicht ausschloss, ja sogar erwartet wurde – Sammler. Einen gewissen Ruf hat bis heute die „Bibliotheca Eckiana“, etwa wegen der ursprünglich darin enthaltenen handschriftlichen Exemplare von Werken Aventins, des großen Landeshistoriographen. Die Sammlungen Ecks gingen nach seinem Tod 1550 auf den Sohn Oswald von Eck (ca. 1539–1573) über, der, nicht mit den Talenten seines Vaters gesegnet, ein Leben als Privatmann führte und zuletzt – aufgrund „verschwenderischer“ Lebensweise – von Haus und Hof kam. Unter der Verschwendungssucht Oswald von Ecks ist aber doch eher, wenn die Quellen nicht täuschen, ein Mäzenatentum zu verstehen, wie es auch für Leonhard von Eck belegt ist. Dabei führen die Spuren immer wieder zur Ingolstädter Universität, einem der kulturellen Zentren im Bayern der Spätrenaissance.

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Lorenz Grill (ca. 1524–1560) war nach ausgreifenden Reisen durch Alteuropa, die ihm die Fugger finanziert hatten, Professor für Medizin an der Landesuniversität geworden. Für seine Erfolge als Arzt sprach beispielsweise der vergoldete Pokal, den ihm der an Gicht leidende Kaiser Karl V. geschenkt hatte. Zur Ausbildung künftiger Mediziner stiftete Grill letztwillig im Gedenken an die Förderung durch die Fugger ein Stipendium: Die Universität erhielt für diesen Zweck nicht nur einen Kapitalstock, sondern auch die Grill-Bibliothek, die in einem Schrank im Gebäude der Hohen Schule aufgestellt wurde.

Testamentsexekutor war Lorenz Grills Bruder, der Landshuter Advokat und Magister Johann Grill. Die Grill entstammten dem in Altheim bei Landshut ansässigen Familienclan der Schwebermaier-Grill-Zettel, dem beispielsweise zwei Regenten des Herzoglichen Georgianums angehörten. Zur Förderung der Familie entstammender Talente existierten eigene Stipendien wie das oben erwähnte Stiftungswerk von Lorenz Grill. Dieses Stiftungswerk war äußerst langlebig, noch Mitte des 19. Jahrhunderts unternahm der ebenfalls aus Altheim stammende Historiker Andreas Buchner (der seinerseits kurzzeitig Regens des Georgianums gewesen war) eine aufbessernde Zustiftung.

Lorenz Grill hatte sich auf seinen Reisen eine Mineraliensammlung angelegt, die sich durch die darin enthaltenen Erzstufen besonders auszeichnete. Für den wissenschaftlichen Ansatz von Grill spricht, dass er parallel dazu eine „Description“, also einen Katalog, anfertigte. Wollte man in Ingolstadt Mitte des 16. Jahrhunderts eine solche Kollektion an den Mann bringen, wandte man sich am besten an Vater oder Sohn Eck. In der Tat bekundete Oswald von Eck noch 1560 starkes Interesse an der Mineraliensammlung. Allerdings dürfte ihn der enorme Preis von 100 Talern (!) abgeschreckt haben. Da half es auch nichts, dass Johann Grill weitere „Monumenta et lucubrationes“ seines verstorbenen Bruders in Aussicht stellte, die jedoch bedauerlicherweise in den erhaltenen Korrespondenzen nicht näher charakterisiert werden. Aus dem Verkauf wurde schließlich nichts, die Sammlungen Grills scheinen, da auch die Universität kein Interesse bekundete, untergegangen zu sein; immerhin erlaubt der Katalog der Bibliothek genaue Einblicke zu Umfang und Zusammensetzung.

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Weitere Spuren der Sammeltätigkeit von Vater und Sohn Eck finden sich im Herzoglichen Georgianum, das aufgrund seiner Eigenschaft als Zustiftung zur Universität dieser aufs engste verbunden war (und ist). In der dortigen Inkunabelsammlung ist eine Ausgabe der „Opera philosophica“ Senecas enthalten (Venedig: Bernardinus de Choris, 1492), die bisher hauptsächlich wegen der im Einband enthaltenen Urkunden- und Handschriftenfragmente Beachtung fand, etwa bei den Mediävisten Paul Lehmann und Bernhard Bischoff. Interesse verdient aber auch das auf dem hinteren fliegenden Vorsatz eingetragene Exlibris, nämlich „L. v. Egkh“ mit Wahlspruch „Inprimis venerare deos“ und Wappenzeichnung. Der Band stammt also aus der berühmten Bibliotheca Eckiana. Diese Eintragung sowie zahlreiche Marginalien gehen aber, wie ein Handschriftenvergleich zeigt, nicht auf Leonhard von Eck zurück, sondern auf den Sohn Oswald, der sich also um eine entsprechende Besitzkennzeichnung der Bücher des Vaters kümmerte und diese, Privatgelehrter, der er war, kritisch durcharbeitete.

Die völlig dem heidnischen Altertum verpflichtete Devise („Die Götter sind vor allem anderen zu verehren“) scheint eine Entsprechung zu finden in der religiösen Grundhaltung Leonhard von Ecks, der in der Religion hauptsächlich ein staatstragendes Herrschaftsinstrument sah unabhängig von der konfessionellen Schärfung, auf der im konfessionellen Zeitalter das Hauptaugenmerk lag; der führende bayerische Politiker des 16. Jahrhunderts dürfte sich als Privatmann daneben um sichtbare Formen von Kultusübungen kaum geschert, sondern seinen Altar im Herzen getragen haben.

Die weitere Abfolge der Besitzer des Bandes ist schnell erzählt: Nach dem Bankrott Oswald von Ecks kam das Buch an die Münchener Beamtenfamilie Vogel. Bernhard Vogel, der sich auf dem Titel verewigte, ist bekannt als Beförderer der Literatur über Hexen in der Nachfolge des Hexenhammers. Sein Sohn, der Landshuter Regierungsrat Dr. Bernhard Vogel, schenkte den Band nebst großen Teilen der ererbten Bibliothek dem dortigen Jesuitenkolleg (1664). Die Landshuter Jesuitenbibliothek gelangte schließlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts an das Herzogliche Georgianum.

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CS

 

Quellen

  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Landshuter Abgabe 1982, Johanniter, Landshut A 176
  • Herzogliches Georgianum, Inkunabelsammlung Nr. 50
  • Universitätsarchiv München, I-III-19

 

Literatur

  • Theodor Wiedemann, Dr. Johann Eck, Professor der Theologie an der Universität Ingolstadt. Eine Monographie, Regensburg 1865, 698–715
  • Otto Hartig, Der Katalog der „Bibliotheca Eckiana“, in: Beiträge zur Geschichte der Renaissance und Reformation. Joseph Schlecht zum sechzigsten Geburtstag, Freising 1917, 162–168
  • Karl Löffler, Die „Bibliotheca Eckiana“, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 36 (1919) 195–210
  • Paul Lehmann, Mitteilungen aus Handschriften VI (Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Abteilung 1939/4), München 1939, hier 18–44
  • Paul Lehmann – Otto Glauning, Mittelalterliche Handschriftenbruchstücke der Universitätsbibliothek und des Georgianum zu München (Zentralblatt für Bibliothekswesen Beihefte 72), Leipzig 1940, 30–40
  • Heinz Jürgen Real, Die privaten Stipendienstiftungen der Universität Ingolstadt im ersten Jahrhundert ihres Bestehens (Ludovico Maximilianea. Forschungen 4), Berlin 1972, 61–66
  • Claudius Stein, Die Bibliotheken des Herzoglichen Georgianums Ingolstadt 1494–1776, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 76 (2013) 723–775

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