Universitätsarchiv
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Mai 2016

Amedeo Aureli, Gipsmodell des Vulkans Etna, um 1892
UAM, Lehr- und Forschungssammlung Geographie

Nicht erst die vom Universitätsarchiv München im Februar 2016 veranstaltete Tagung über die Wissenschaftlichen Sammlungen der LMU hat gezeigt, dass die Situation dieser Sammlungen seit einigen Jahrzehnten in einem Wandel begriffen ist. Dieser Wandel ist primär in einem Wechsel hin zu modernen, also EDV-gestützten didaktischen Methoden begründet, die in den Möglichkeiten weit über das hinausgehen, was bisher die konventionellen Lehrmittel wie beispielsweise Modelle oder Abbildungen leisten konnten. Und die Folge dieses Wandels ist, dass die alten Lehr- und Forschungssammlungen, oftmals Kulturgut von hohem Rang, von der Entsorgung bedroht sind. Das Universitätsarchiv hat diese kritische Situation erkannt und nimmt deshalb solche Sammlungen in seinen Bestand auf, inzwischen fast 20, teilweise äußerst umfangreiche Gruppen. Allerdings entscheidet sich das Universitätsarchiv nur dann zu einer Übernahme, wenn der Teilbestand die Dignität einer wirklichen Wissenschaftlichen Sammlung besitzt und wenn vor Ort, also an den jeweiligen Instituten, tatsächlich keine Möglichkeit mehr besteht, die Objekte vorzuhalten, worauf in allen Fällen zu drängen wäre. Jedenfalls ist nicht nur das Universitätsarchiv, sondern auch die gesamte LMU vor große Herausforderungen gestellt, wie konzeptuell künftig mit den Lehr- und Forschungssammlungen verfahren werden soll.

Die mit Abstand größte Wissenschaftliche Sammlung am Universitätsarchiv ist diejenige der Geographie und Geologie, die in Folge des Umbaus der Räumlichkeiten an der Luisenstraße ans Archiv abgegeben wurde. Die Sammlung umfasst Atlanten, Karten, Geräte und ein Bildarchiv; eine eigenständige Teilsammlung bilden geologische Karten. Sie beinhaltet auch vereinzelt Gipsmodelle von Landschaftsformationen (Vulkane). Die Bildarchive enthalten meistens Fotos, Dias sowie andere Bildträger für Lehr- und Übungszwecke, aber auch von Exkursionen. Die Landkarten, sowohl plan als auch in Form von Wandkarten, und die Atlanten stammen meistens aus der zweiten Hälfte des 19. und aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, enthalten sind aber auch Drucke aus dem 16. Jahrhundert (Philipp Apians Bayerische Landtafeln) und handgezeichnete Karten (von Edmund Naumann, gestorben 1927, und Gottfried Merzbacher, gestorben 1926). Die Geräte dienen zum Auslesen und Bearbeiten von Karten und Bildern. In Zusammenarbeit mit dem Department für Geographie wurden durch einen Praktikanten im Lauf von zwei Monaten die vorhandenen Erschließungen auf ihre Evidenz geprüft und für die unverzeichneten Bestände neue Erschließungen angefertigt. Eine Konsultation ist im Objektlesesaal des Universitätsarchivs möglich.

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Von herausragender Bedeutung sind die vereinzelt überlieferten Gipsmodelle von Landschaftsformationen, insbesondere mit Vulkanen, nicht nur wegen ihres imposanten optischen Gesamteindrucks. Herausgegriffen sei das Model des Etna (italienisch auch Mongibello), also des aktivsten und mit rund 3323 Meter über dem Meeresspiegel auch des höchsten Vulkans Europas. Nach dem Vollzug der politischen Einigung Italiens 1860 musste es im Interesse der Entscheidungsträger liegen, dass das Land nicht nur topographisch, sondern auch geologisch einheitlich aufgenommen wurde. Zu diesem Zweck entstand das Regio Ufficio Geologico, also das Königliche Geologische Büro, das primär für die Erstellung der Carta Geologica d’Italia zuständig war. Amedeo Aureli wirkte als Zeichner für das Regio Ufficio Geologico und unterhielt sein Studio am Largo Santa Susanna in Rom. Er beschränkte seine Aktivitäten jedoch nicht auf die Aufnahme von Karten, wie die von ihm als Einzelstücke, also nicht seriell aus immer der gleichen Hohlform hergestellten Gipsmodelle zeigen. In Italien gibt es, soweit ersichtlich, drei Institutionen, die Aurelis „plastici geologici“ vorhalten, nämlich in Rom das Istituto Superiore per la Protezione e la Ricerca Ambientale (17 Modelle), in Turin das Museo Regionale di Scienze Naturali (ebenfalls 17 Modelle) und in Modena das Museo Universitario Gemma 1786 (11 Modelle). Die überschaubare Größe der genannten Sammlungen verrät, dass diese Gipsmodelle einem extrem speziellen Sektor angehören. Wie angedeutet, handelt es sich bei Aurelis „plastici geologici“ um Einzelstücke, ersichtlich auch daran, dass seine Etna-Modelle erheblich, was Maßstab sowie Bemalung und Beschriftung der Oberfläche betrifft, voneinander abweichen. Warum nun das hier vorgestellte Etna-Modell seinen Weg von Rom nach München nahm, müsste noch geklärt werden, etwa anhand der Aktenüberlieferungen des Instituts für Geographie im Universitätsarchiv; im Rahmen eines Stücks des Monats konnte nur eine erste Kontextualisierung vorgenommen werden. Der Zustand des Modells ist, dem empfindlichen Werkstoff Gips geschuldet, an den Rändern leider nicht der beste. Die die verwendeten Farben erklärende Legende, ursprünglich ein unten rechts aufgeklebter Zettel, ist bedauerlicherweise verloren gegangen, weshalb die Hauptaussage des Modells, nämlich wie das Gebiet um Catania zu welcher Zeitstellung von welchen Eruptionsmassen bedeckt wurde, nicht evident ist. Möchte man also die Hauptaussage feststellen, muss man die trotz aller Unterschiede hohen Vergleichswert besitzenden Modelle in Rom, Turin und Modena heranziehen. Das Stück des Monats Mai kann übrigens zu den üblichen Öffnungszeiten des Lesesaals des Universitätsarchivs in dessen Foyer besichtigt werden: Dienstag 9:00 bis 12:30 Uhr und 13:00 bis 17:00 Uhr, Mittwoch 9:00 bis 12:30 Uhr und 13:00 bis 17:00 Uhr.

CS

 

Links

Milena Bertacchini, La collezione dei plastici geologici di Modena: Un patrimonio cartografico legato alla storia post-unitaria, in: Bollettino A.I.C. 2011/143, 101–110 (hochauflösende Abbildungen)

Geowissenschaftliche Sammlungen der LMU


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