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August 2018

UAM, I-VIII-12: Reisestipendien. a) Archäologische. Verleihungsakt

Ferienzeit ist Reisezeit, und so mancher Reisende hat nun endlich Zeit, nicht nur Strände und Berge, sondern auch einmal andere Kulturen zu „erforschen“. Reisen und Forschen bzw. Reisen zum Forschen war und ist auch seit Jahrhunderten eine zentrale Tätigkeit zur Erkenntnisbeschaffung in fast allen Wissenschaften, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.

1893 lief im Bayerischen Kultusministerium ein dringender Antrag des Präsidenten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ein: Max von Pettenkofer bemängelte darin scharf, daß seitens des bayerischen Staates seit geraumer Zeit viel zu wenig zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung geschehe. Er forderte daher die Errichtung eines Fonds mit einem Kapital von mindestens 500.000 Reichsmark, aus dessen Erträgen Gelder in die Förderung der Forschung fließen sollten. Wohin das Geld konkret fließen sollte, war auch gleich einer Anlage zu entnehmen. Und eben diese Aufzählung an Forderungen und Forschungsdesideraten wies – sieht man von einem Luftschiff für atmosphärische Untersuchungen und der Beschaffung trächtiger Tiere für entwicklungsgeschichtliche Forschungen ab – fast ausschließlich Projekte im Zusammenhang mit Reisen auf.

Nicht nur jener Antrag, ebenso eine Vielzahl solcher Reisen ist in den Akten des Bayerischen Hauptstaatsarchivs dokumentiert, ob in den Sachakten zu großen Forschungsreisen in andere Ecken dieser Welt, in seriellen Verwaltungsunterlagen zur Genehmigung von Bibliotheks- oder Archivreisen, oder in unzähligen Personalakten von Forschern und Gelehrten, Hochschullehrern und Studierenden, welche eine staatliche Förderung erhalten haben.

Genau genommen ging es Pettenkofer also um die Finanzierung von Studien- und Forschungsreisen, welche als Instrument der Wissenschaften nach Meinung der Gelehrten in der Vergangenheit entschieden zu kurz gekommen waren. Dieser Befund am Ende des 19. Jahrhunderts kam nicht von ungefähr: Zwar hatte die „wissenschaftliche Forschung überhaupt“ (Pettenkofer) bis dahin staatlicherseits, aber auch durch Ludwig I. und v.a. Maximilian II., durchaus große Aufmerksamkeit erhalten, wenngleich die Maßnahmen meist in den Aufbau von Instituten und Seminaren an den Universitäten oder auch staatlichen Forschungseinrichtungen und Kliniken flossen und dort auch sichtbar wurden als der Aufschwung der Wissenschaften und deren Institutionalisierung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts.

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(zum Vergrößern bitte anklicken)

Auf die Wissenschaftsförderung und ihre Ansatzpunkte in Bayern einzugehen ist hier nicht der Ort, aber nun wäre endlich der Bogen zu unserer Universität geschlagen, in deren Archiv gleichermaßen allerlei Faszikel zu finden sind, die sich speziell mit der (finanziellen) Förderung von Reisen zu Forschungs- und Studienzwecken beschäftigen. Denn die LMU und ihre Fakultäten verwalten eine Vielzahl an Stiftungen, welche u.a. auch Reisestipendien vergeben. Dazu kommt, daß die LMU ab dem Ende des 19. Jahrhunderts selbst aus dem „Staatsfonds“ Reisestipendien vergab und darüber mittels des Reiseberichts des Stipendiaten (welcher dann beim jeweiligen Personalakt eingefügt wurden) dem Staatsministerium gegenüber Rechenschaft abzulegen hatte. So sind die Schnittmengen der Überlieferung in Universitätsarchiv und Hauptstaatsarchiv oft erheblich, beispielsweise beim Archäologischen Reisestipendium. Und natürlich begegnen einem in den Akten des UAM so manche bekannte Namen. Um beim Archäologie-Stipendium zu bleiben: Auf Albert Rehm (1897), nachmaliger Professor für Altphilologie und erster Nachkriegsrektor der LMU, folgt beispielsweise August Heisenberg (1898), nachmaliger Byzantinist an der LMU und Vater des Physik-Nobelpreisträgers Werner Heisenberg...

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Nun mag bei diesem Stück des Monats der Bogen vom Allgemeinen zum Besonderen vielleicht etwas weit gespannt sein. Der Beitrag verfolgt aber auch die Absicht, auf eines der vielen noch offenen Forschungsthemen zur Geschichte der Münchner Universität aufmerksam zu machen, hier also die Stipendienlandschaft im Allgemeinen und die Reisestipendien im Besonderen. Und gleichzeitig wollen wir auch auf unsere nicht mehr so ferne Studiotagung im Februar 2019 hinweisen: Die Tagung wird sich – allerdings umfassender als nur mit Reiseförderung – mit der ganzen Vielfalt der Stiftungen und Stipendien der LMU beschäftigen. Auch das ist in seiner Gesamtheit ein bisher wenig beachteter Teil der Geschichte unserer Universität. Bleiben Sie also neugierig – das Programm wird ab Herbst auf unserer Website einzusehen sein.

Ihnen, lieber Leser, nun aber erst einmal eine gute und ertragreiche Reisezeit!

 

WS

 

Hinweise

  • Zum bayerischen Kontext v.a. hilfreich die Jubiläumsliteratur der Akademie von 2009:
    https://www.badw.de/geschichte/literatur.html
  • Ein kurzer (älterer) Blick auf die Reiseförderung in Bayern bei:
    Wolfgang J. Smolka: Wissenschaftsförderung durch Reiseförderung. Reiseunterstützungen als Mittel der Forschungsförderung am Beispiel Bayerns im 19. Jh., in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 22 (1999), S. 125-134.
  • Zu Stiftungen und Stipendien an der LMU allgemein bisher:
    Reinhard Heydenreuter: Wohltäter der Wissenschaft. Stiftungen für die Ludwig-Maximilians-Universität München in Geschichte und Gegenwart (= LMUniversum Bd. 7), Haar 2009

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