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November 2018

Erinnerungsstücke an Johann Eck aus den Kunstkammern der Universität Ingolstadt: Ecks Birett und sein Lehrstuhl

(UAM, Fotosammlung)

Die Universität Ingolstadt, die im Jahr 1800 nach Landshut und 1826 nach München transferiert wurde – die heutige Ludwig-Maximilians-Universität München –, wies im Bereich ihrer dinglichen Kultur ein Alleinstellungsmerkmal auf: An keiner anderen alteuropäischen Universität gab es bereits im 16. Jahrhundert eine Kunstkammer. Darüber hinaus erhielt die Hohe Schule im 18. Jahrhundert eine zweite derartige Sammlung. In beiden Fällen handelte es sich um Initiativen von Einzelpersonen: Der Augsburger Domherr Johann Egolph von Knöringen (1537–1575) vermachte 1573 der Universität Ingolstadt seine Kunstkammer. Der Ingolstädter Jesuitenpater Ferdinand Orban (1655–1732) überließ seine Sammlung dem dortigen Kolleg, dessen Inventar 1773 mit der Aufhebung des Jesuitenordens der Hohen Schule zufiel. Für beide Bestände existierten eigene Sammlungsgebäude. Die darin aufbewahrten Objekte bildeten den Grundstock der wissenschaftlichen Sammlungen der LMU, lassen sich heute jedoch zumeist nicht mehr identifizieren. Auf breiter Quellenbasis wurden jüngst die Geschichte dieser Kunstkammern nachgezeichnet und ihre Bestände rekonstruiert.

An Gegenständen, die von berühmten Persönlichkeiten gebraucht wurden, verwahrte Knöringens Antiquarium nach dem Inventar von 1682 „Pileus Caroli 5ti“ und „das Pyret d. Eckii“. An den bekannten Ingolstädter Luther-Gegner erinnerte in der Sammlung auch dessen Porträt. Während sich die Spur der Kopfbedeckung von Kaiser Karl V. nicht weiterverfolgen lässt, ist das Birett von Johann Eck von der Ersterwähnung 1682 bis zur Kriegszerstörung 1945 belegbar. 1778 fielen Georg Andreas Will, einem protestantischen Besucher des Orban-Saals, Ecks Kopfbedeckung und sein Lehrstuhl auf, der wohl aus dem Theologischen Hörsaal stammte. Wills Beschreibung ist zwar einerseits anschaulich, enthält sich aber andererseits nicht aufklärerischen Spottes: „Unter andern zeigte man uns auch Sellam Eckii, nebst dem Hute oder Biret, so er getragen. Der Stuhl, an welchem Eckens Bildniß zu sehen, ist so klein und unansehnlich, daß wir ihn eher für eine andere Bequemlichkeit, als für einen Lehrstuhl gehalten hätten.“ Ganz anders, nämlich von Verehrung getragen, liest sich der Bericht des aufklärungsfeindlichen Jesuiten Franz Xaver Feller, den sein Weg 1765 nach Ingolstadt führte: „La chaire du fameux Eckius, le fléau du Luthéranisme, laquelle est d’une simplicité admirable.“ (Der Lehrstuhl des berühmten Eck, der Geißel des Luthertums, welcher von einer bewunderungswürdigen Einfachheit ist.)

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(zum Vergrößern bitte anklicken)

1852 erbat sich das Stadtpfarramt von Unserer Lieben Frau in Ingolstadt von der Ludwig-Maximilians-Universität als Leihgabe das Birett, um es im Münster, näherhin in der dem Grabdenkmal Ecks benachbarten Kapelle, unter dem Gewölbe aufzuhängen, wie man es im Münchner Liebfrauendom mit dem Hut von Kardinal Melchior Khlesl einer römischen Sitte gemäß getan hatte. Die Universität stimmte dem zu. Das Stadtpfarramt von Unserer Lieben Frau entschied sich dann aber doch für eine Aufbewahrung des Hutes im Pfarrarchiv, wo er auch besichtigt werden konnte. Als 1929 im Schlossmuseum Ingolstadt der Universitätssaal eingerichtet wurde, stellte die Ludovico Maximilianea hierfür als weitere Leihgabe den Lehrstuhl zur Verfügung. Beide Objekte wurden jedoch 1941 zurückgefordert, denn sie sollten auf einer Sonderausstellung anlässlich des Gastvortrags des Rektors der Universität Rom, Pietro de Francisci, gezeigt werden (1942) und erneut in einer Sonderausstellung aus Anlass der 470-Jahr-Feier der Ludwig-Maximilians-Universität (1943), außerdem sorgte der Eigentümer für eine eingehende Publikation der beiden Stücke in Wort und Bild. Als Bergungsort wurde 1943 für das Birett Schloss Wässerndorf und für den Lehrstuhl die Münchner Residenz gewählt. Den zum Schutz ergriffenen Maßnahmen zum Trotz ging letzterer 1944 zugrunde, ersteres 1945. Ein unter Zugrundelegung der fotografischen Dokumentation der Universität München angefertigter Nachbau des Lehrstuhls von Johann Eck befindet sich im Stadtmuseum Ingolstadt.

Nachgetragen sei, dass bereits 1867 das Bayerische Nationalmuseum Interesse an Ecks Lehrstuhl bekundet hatte, ohne ihn jemals erhalten zu können. Maßgeblich für den abschlägigen Bescheid war das Votum den Theologen Ignaz von Döllinger: „Was keinen wissenschaftlichen oder literärischen Werth besitzt festzuhalten, liegt nicht im Interesse der Universität. Anders verhält es sich mit der Cathedra des Dr. Eck; da möchte ich doch schon als Glied der Theologischen Fakultät, der diese Cathedra eigentlich gehörte, den Wunsch äußern, daß sie der Universität erhalten und an ihrem bisherigen Orte belassen werden möchte.“ Der Vorgang ist insofern von Bedeutung, als er die Überlegungen der Universität einleitete, sich von der Sammlung Orban zu trennen (1881).

 

CS

 

Literatur

  • Claudius Stein: Die Kunstkammern der Universität Ingolstadt. Schenkungen des Domherrn Johann Egolph von Knöringen und des Jesuiten Ferdinand Orban (Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität 9); München 2018

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