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Juni 2018

Fotos von der Einweihung des Hochschulsportplatzes bei Freimann am 27. Juni 1928

(UAM, P-II-70)

„Mens sana in corpore sano“, in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist, wie es so schön heißt. Dass dieses Zitat aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen ist und fast ausschließlich mit obiger sinnentstellter Bedeutung verwendet wird, dürfte nicht allzu geläufig sein. Der antike römische Dichter Juvenal, aus dessen Feder der bekannte Spruch stammt, wollte nicht ausdrücken, dass ein gesunder Körper immer auch Sitz eines gesunden, agilen Geistes sei und dass im Umkehrschluss ein kränklicher oder gar gebrochener Körper nur einen schwachen Geist beherbergen könne. Juvenals Aussage war eine andere, nämlich dass man nicht wegen Kleinigkeiten um göttlichen Beistand bitten, sondern für Gesundheit an Leib und Geist, also für die grundlegendsten Faktoren des menschlichen Lebens, beten möge: „[...] orandum est ut sit mens sana in corpore sano.“ Vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus gelangte die falsche Interpretation des Sprichworts zu großer Blüte: Im gezielten Hinarbeiten auf einen „gesunden Volkskörper“ sollte die Leibesertüchtigung, natürlich auch vor dem militaristischen Hintergrund, als gesamtgesellschaftlich tiefgreifende sowie ideologisierte Aufgabe der „Volksgemeinschaft“ betrachtet werden, wobei mit der Erziehung des Leibes ebenso eine (Um-)Erziehung des Geistes einhergehen sollte.

Auch wenn ein Zusammenhang zwischen körperlicher und geistiger Fitness eben kein Automatismus ist, so wurde dem Hochschulsport in der Vergangenheit – freilich schon vor 1933 – eine bedeutende Rolle beigemessen, durchaus mit einem Anstrich ausgeprägter Deutschtümelei. So argumentiert 1923 der damalige Akademische Turn- und Spielleiter der LMU, Dr. Martin Vogt, in seiner Schrift „Über Entwickelung und Stand der pflichtmässig zu betreibenden Leibesübungen in der Studentenschaft“: „[...] meist aber liegt der Grund [für mangelnde sportliche Betätigung] in dem zu schwach entwickelten Willen, in der Bequemlichkeit des Einzelnen. Hier bessernd einzugreifen, jetzt in der Zeit der vaterländischen Not den Studenten wieder auf sich selbst besinnen zu machen und ihm die Notwendigkeit der Pflege körperlicher Übungen als unentbehrliches Gemeingut wieder einzuimpfen, das haben sich jene für Leibesübungen begeisterten Kriegsteilnehmer zur Aufgabe gestellt. Es galt verlorenes Gebiet wieder zu erobern, galt Neuland zu schaffen, um des deutschen Volksganzen willen.“

Tatsächliches Neuland wollte man seitens der Münchner Universität bereits 1912 erschließen, als Überlegungen angestellt wurden, auf dem Exerzierplatz Oberwiesenfeld Hochschulsport zu treiben, wozu es letztendlich aber nicht kam. Schon bald darauf erwarb man Grundstücke in Giesing an der Säbener Straße, direkt angrenzend an den Städtischen Spielplatz der Stadtgemeinde München, wo sich heute Sitz sowie Trainingsgelände des FC Bayern München befinden. Außerdem war vertraglich vereinbart worden, dass bis zur Fertigstellung der Wettkampfstätte an der Säbener Straße die Studenten einen Teil der Theresienwiese für hochschulsportliche Zwecke verwenden durften, obwohl zunächst Bedenken gegen die Mitnutzung der „Wiesn“ aufkamen, wenn das Oktoberfest wie gewohnt dort stattfinden sollte. Zur Einebnung und grundsätzlichen Herrichtung des Platzes in Giesing kam es indes erst 1919, nach der Beendigung des Ersten Weltkriegs, in Notstandsarbeit. Der weitere Ausbau mit Sanitär- und Umkleideräumen sowie einer Tribüne wurde nicht mehr verwirklicht, auch wenn sich die Angelegenheit bis zum Ende der 1920er Jahre hinzog und der Platz inzwischen in Betrieb gegangen war. Ferner wurde damals seit Längerem die Benutzung einer großen Wiese im Englischen Garten zwischen Kleinhesseloher See und Chinesischem Turm in Aussicht genommen. Das Unternehmen scheiterte allerdings an den unterschiedlichen Vorstellungen der LMU, der Technischen Hochschule und der hier zuständigen Krongutverwaltung.

1925 kaufte das Staatsministerium für Unterricht und Kultus das Grundstück Äußere Ungererstraße 166, nördlich der Grasmeierstraße gelegen, um darauf einen Hochschulspielplatz errichten zu lassen. Dr. Vogt schätzte zu diesem Zeitpunkt, dass nur ein Sechstel aller Münchner Studierenden Sport trieben. Die Ursache dafür sah er jedoch nicht nur in der individuellen Bequemlichkeit mancher Studierender, sondern auch in der mangelnden Verfügbarkeit geeigneter, gut erreichbarer Turnhallen und Plätze. Das neu erworbene Areal befand sich an der Stelle der heutigen Studentenstadt in Freimann und des zur Straße hin liegenden Parkplatzes. Infolge der Eingemeindung Freimanns nach München 1931 lautete die neue Adresse Ungererstraße 212; inzwischen ist diese Hausnummer südlich der Grasmeierstraße zu finden.

Der Mapmarker bezeichnet die damalige Lage des Hochschulsportplatzes.

Während die grundlegenden Arbeiten am Gelände offenbar schon recht bald in Angriff genommen werden konnten, ließ die Bereitstellung von Mitteln zum Bau eines Sporthauses (69.000 Reichsmark) bis Juli 1927 auf sich warten. Im März des Folgejahres konnte man sich über die Aufstellung eines Platzmeisters einigen, was jährlich 2000 Reichsmark kosten sollte. Schließlich sah man sich im Mai 1928 dazu imstande, den Platz seinem Verwendungszweck zuzuführen.

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Ein Teil des Publikums auf der Tribüne des Sporthauses.

(zum Vergrößern bitte anklicken)

Vom 1. Bataillon des 19. (Bayerischen) Infanterie-Regiments der Reichswehr musikalisch untermalt, fand die Eröffnung am – vorlesungsfreien – Nachmittag des 27. Juni 1928 statt. Im Rahmen der Veranstaltung wurden auch die Endkämpfe der Münchner leichtathletischen Hochschulmeisterschaften ausgetragen. Hier ermittelte man die Besten u. a. im Kugelstoßen, Speerwerfen, Weitsprung, im Lauf über verschiedene Distanzen. Außerdem fanden Vorführungen der Lehrgänge für Boxen sowie Sportfechten statt, ferner ein Handballspiel des A.T.V. Germania gegen die Turnerschaft Munichia. Den Abschluss bildeten allgemeine Freiübungen der Studentenschaft, die, wie man im Bild sieht, im Stil des zur damaligen Zeit verbreiteten Massenturnens gezeigt wurden.

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Studenten bei Freiübungen im Rahmen der Sportplatzeröffnung.

In seinem „Bericht über den Betrieb der Leibesübungen an den Münchner Hochschulen“ (Wintersemester 1927/28 und Sommersemester 1928) konnte Dr. Vogt eine rege Nutzung der neuen Spielstätte konstatieren. Ursprünglich hatten nämlich Bedenken hinsichtlich der räumlichen Abgelegenheit des Areals bestanden, denn an eine nur siebenminütige U-Bahn-Fahrt zwischen LMU-Hauptgebäude und jetziger Studentenstadt war damals freilich noch nicht zu denken – doch immerhin existierte bereits eine Tram-Linie auf dieser Strecke. Auch vergünstigte Straßenbahn-Fahrpreise sorgten dafür, dass die Resonanz der Studentenschaft groß ausfiel. Offenbar war sie sogar so beträchtlich, dass bei schönem Wetter die Übungsanlagen rasch überfüllt waren, dass die eigentlich für Studentinnen vorgesehenen Umkleideräume den Studenten zugewiesen wurden und deshalb die Studentinnen auf die Wohnung des Platzwarts ausweichen mussten. Zeitweise Abhilfe schaffte hier der FC Bayern München, indem er eine gegenüberliegende gepachtete Spielfläche zu bestimmten Stunden zur Verfügung stellte. Auch in seinem nächsten Bericht stellte der Akademische Turn- und Spielleiter, inzwischen Dr. Emil Rieß, fest, dass der Freimanner Platz nach wie vor einen regen Zuspruch erfuhr und die Studenten zu Stoßzeiten mittlerweile gezwungenermaßen dazu übergingen, sich im Freien umzuziehen.

Zwar konnte dank der Bereitstellung des Geländes an der Ungererstraße die Gesamtlage des Münchner Hochschulsports leicht verbessert werden, jedoch war dies aus Sicht der betroffenen Interessengruppen eher ein erster kleiner Schritt hin zu angemessenen Trainingsbedingungen für die sportbegeisterten Studierenden der bayerischen Hauptstadt.

 

DS

 

Quellen

  • UAM, P-II-29 (Leibesübungen: Jahresberichte des akademischen Turn- und Spielleiters)
  • UAM, P-II-65 (Leibesübungen: Spielplätze)
  • UAM, P-II-66, Bd. 1 (Leibesübungen: Spielplatzerwerbungen Saebenerstraße, Theresienwiese)
  • UAM, P-II-70 (Leibesübungen: Hochschulspielplatz bei Neufreimann)
  • IRO-Plan von München (um 1944)

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