Universitätsarchiv
print

Links und Funktionen

Navigationspfad


Inhaltsbereich

Dezember 2018

„Proclamation die Wiedereröffnung der Universität betreffend“, 12. Februar 1848

(UAM, D-XIV-9)

Die Schließung der Ludwig-Maximilians-Universität am 9. Februar 1848 sollte eigentlich bis zum Beginn des darauffolgenden Wintersemesters 1849/50 andauern. Ludwig I. sah darin eine Strafe für die – seiner Meinung nach – aufrührerischen Studenten und gleichsam das gebotene Mittel zur Beruhigung der Lage. Auswärtige, also nicht aus München stammende Studenten mußten sogar innerhalb von zwei Tagen die bayerische Haupt- und Residenzstadt verlassen. In all seiner Aufregung hatte der bayerische Monarch jedoch offensichtlich nicht bedacht, daß gerade die auswärtigen Studenten eine nicht unerhebliche Einnahmequelle für die Münchner Bürger darstellten.

Nach der Schließung der Universität versammelten sich daraufhin mehr als tausend von ihnen zuerst im Münchner Rathaus. Dort forderten sie den städtischen Magistrat zum Handeln auf, anschließend zogen sie gemeinsam vor die Residenz: Sie wollten erreichen, daß der König seine Anordnung zur Schließung der Universität zurücknahm, was dem autokratisch gestimmten Ludwig I. freilich nicht gerade leicht fiel. Deswegen wollte er zuerst nicht vollständig zurückweichen und bestimmte daher, daß die Universität eben nicht sofort, aber immerhin bis zum Beginn des Sommersemesters 1849 wieder geöffnet werden sollte. Dies hätte jedoch bedeutet, daß die Bürgerschaft gleichwohl für einige Monate auf ihre Einkünfte aus der Bewirtung der Studenten und der Vermietung von Unterkünften hätte verzichten müssen.

Als die Unruhen in München um Lola Montez einerseits und um die Schließung der Universität andererseits daraufhin weiter anhielten und weil der König nun fürchtete, daß diese Unruhen sich zu einer Revolution steigern könnten, sah er zwei Tage später, am 11. Februar, nur mehr eine Möglichkeit: Ludwig I. nahm die Schließung der Universität sofort und ohne weitere Bedingungen zurück.

Einen weiteren Tag später, am 12. Februar, ließ das Rektorat bzw. der damalige Rektor, Professor Dr. Friedrich Wilhelm Thiersch, mit Hilfe einer Proklamation öffentlich bekannt geben, was er zwar schon am 11. Februar vernommen, aber erst am 12. Februar amtlich bestätigt bekommen hatte: „Seine Koenigliche Majestät haben allergnädigst zu bestimmen geruht, daß dem Befehl vom 9ten [...] – die Schließung der Universität betr. – weitere Folge nicht solle gegeben werden. Es wird demnach hiermit amtlich die bereits vollzogene Wiedereröffnung der Universität und für nächsten Montag den 14. Februar der Wiederanfang sämmtlicher Vorlesungen in gleicher Weise verkündigt.“

Thiersch beschwor die Studenten aber auch regelrecht, die zuletzt tätlichen Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedern des Corps Alemannia, das sich als eine Art von Schutztruppe der spanischen Tänzerin verstand, und den übrigen Studenten nicht wieder aufzunehmen. Daß der Rektor gleichwohl fürchtete, es könnte zu neuerlichen Unruhen und in deren Folge zu neuerlichen königlichen Zwangsmaßnahmen gegen die Universität kommen, läßt sich aus den folgenden Zeilen herauslesen: „Die zu denselben [den Vorlesungen] sich versammelnde Jugend wird, ich spreche es nicht in meinem, sondern in ihrem Namen vor dem Vaterlande aus, durch ihre Haltung zeigen, daß in den Hallen der Universität allein der Geist der Wissenschaftlichkeit und Ehrenhaftigkeit waltet, und den Frieden derselben schützt und verbürgt. Sie wird durch die Ereignisse in ihren Gefühlen befriedigt, in diesen Tagen des wiederkehrenden Glückes jene feste und ruhige Haltung nicht verlassen, welche sie in den Tagen einer großen Bedrängniß so männlich bewahrt hat, welches auch die Strebungen seyn mögen, von denen ausser unserem Kreise das öffentliche Leben bewegt wird.“

proclamation_300x364

(zum Vergrößern bitte anklicken)

Die Sorge des Rektors sollte sich freilich als unbegründet herausstellen. Denn am 19. März 1848 legte Ludwig I. die Krone nieder und übertrug sie seinem ältesten Sohn Maximilian. Der neue bayerische König, Max II., aber sah sich rasch mit weitaus größeren Problemen als mit unruhigen Studenten konfrontiert: mit dem tatsächlichen Ausbruch der Revolution 1848, mit dem Versuch der Paulskirchen-Abgeordneten, die politische Macht der deutschen Monarchen einzuschränken, mit dem Angebot derselben Abgeordneten an den preußischen König Friedrich Wilhelm IV., auf Kosten der souveränen deutschen Einzelstaaten Kaiser eines kleindeutschen Nationalstaats zu werden.

 

KW

 

Literatur

  • Heinz Gollwitzer: Ludwig I. von Bayern. Königtum im Vormärz. Eine politische Biographie; München 2 1987.
  • Andreas Kraus: Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825-1848); in: Alois Schmid (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte, begründet von Max Spindler, Bd. IV: Das Neue Bayern. Von 1800 bis zur Gegenwart, Teilbd. 1: Staat und Politik; München 2 2003, S. 127-234.
  • Rainer Schmidt: In revolutionärer Unruhe 1830-1848; in: Laetitia Boehm / Johannes Spörl (Hrsg.): Ludwig-Maximilians-Universität Ingolstadt, Landshut, München 1472-1972; Berlin 1972, S. 251-270.
  • Thomas Weidner (Hrsg.): Lola Montez oder eine Revolution in München; München 1998.

Servicebereich